Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau bleibt herausfordernd
Von: mm/f24.ch
Bereits zum fünften Mal erschien gestern der Bericht "Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau". Dieser zeigt mit einer Momentaufnahme und mit Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahre, ob der Kanton auf Nachhaltigkeitskurs ist. Dazu werden die Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt mit 32 Themenbereichen konkretisiert und deren Entwicklung mit Indikatoren gemessen. Erstmalig wird zusätzlich die global gültige Agenda 2030 der UNO mit ihren 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) als Referenzrahmen beigezogen.
Zielerreichung im globalen Vergleich
Der fünfte, erfreulich sachliche, kritische, kaum schönigende Nachhaltigkeitsbericht zeigt, dass der Kanton Aargau insbesondere in der Dimension Umwelt einige Fortschritte erzielt hat. In den Dimensionen Gesellschaft und Wirtschaft bleiben die Werte der betrachteten Indikatoren mehrheitlich konstant. In allen drei Dimensionen bleiben sie indes herausfordernd.
Der Kanton Aargau ist – wie die gesamte Schweiz – bereits weit fortgeschritten, um verschiedene der global geltenden SDGs zu erreichen. Besonders hervorheben lassen sich für den Aargau die Ziele "Nachhaltige Städte und Gemeinden" und "Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen", wo verschiedene positive Entwicklungen auszumachen sind.
Als herausfordernd zeigen sich insbesondere die Ziele "Hochwertige Bildung" (vor allem im Zusammenhang mit Chancengerechtigkeit), "Sauberes Wasser", "Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum", "Weniger Ungleichheiten" sowie "Klimaschutz".
Herausforderung Klimawandel – auch im Aargau
Die Auswirkungen des Klimawandels werden auch im Aargau zunehmend spürbar. Die vom Kanton unterstützte Zielerreichung "Netto Null bis 2050", aber auch die notwendigen Anpassungsmassnahmen an veränderte klimatische Bedingungen sind grosse Herausforderungen. Dies hat der Regierungsrat erkannt und im Rahmen des vom Grossen Rat beschlossenen Aufgaben- und Finanzplans 2021–2024 einen Entwicklungsschwerpunkt Klimaschutz und Klimaanpassung geschaffen. Eine Energieversorgung mit erneuerbaren Energien erfordert weitere Anstrengungen. Als bedeutender Stromproduzent steht der Aargau mit dem schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie vor zusätzlichen grossen Aufgaben. Mit seinen Technologie-, Forschungs- und Innovationsinstitutionen ist der Aargau jedoch recht gut aufgestellt, um den Klimaschutz zugunsten einer qualitativ wachsenden Wirtschaft als Chance zu nutzen.
Im Bereich der Klimaanpassung gilt es unter anderem den Wasserhaushalt den geänderten Verhältnissen mit zunehmender Trockenheit und Überschwemmungen anzupassen. Im Fokus steht auch die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung. Die Qualität des Grundwassers, gemessen an der durchschnittlichen Nitratbelastung, hat sich im Aargau kaum verbessert. Die Wasserqualität der Fliessgewässer nimmt weiter zu. Mikroverunreinigungen wie zum Beispiel Pestizide, Medikamentenrückstände oder Haushaltschemikalien bleiben herausfordernd.
Sowohl klimatische Veränderungen als auch raumrelevante Nutzungsansprüche wie Siedlungsentwicklung oder Naherholung setzen die Biodiversität unter Druck. Die heute bestehenden Flächen an wertvollen Lebensräumen und deren Vernetzung genügen nicht, um den langfristigen Erhalt der Biodiversität zu sichern.
Wohnen und arbeiten im Aargau
Die im schweizweiten Vergleich überdurchschnittliche Zuwanderung zeigt, dass der Kanton Aargau als Wohnkanton beliebt ist. Die Wohnqualität hat sich bezüglich Lärmbelastung, den Wohnkosten und der Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr verbessert.
Im Aargau wird zwar weiterhin jeden zweiten Tag die Fläche in der Grösse eines Fussballfelds überbaut, trotzdem macht der Kanton bei der Siedlungsentwicklung nach innen, und damit beim nachhaltigen Umgang mit der Ressource Boden, Fortschritte.
Neben den Bewohnerinnen und Bewohnern profitieren auch Unternehmen von der Standortattraktivität. Dazu trägt insbesondere die gute Verkehrsanbindung bei. Gleichwohl entwickeln sich die Wirtschaftsleistung und das wirtschaftliche Potenzial der Steuerpflichtigen unterdurchschnittlich.
Die Verfügbarkeit von Fachkräften bleibt ein Schlüsselfaktor für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Gerade bei Frauen ist das Fachkräftepotenzial nicht ausgeschöpft, was die tiefere Erwerbsquote und der höhere Teilzeitanteil der Frauen widerspiegeln. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine Herausforderung.
Gesellschaftliche Ungleichheiten
Im Aargau bestehen in verschiedenen Belangen ungleiche Chancen zwischen den Bevölkerungsgruppen. Personen mit Migrationshintergrund – insbesondere ost- und aussereuropäische Staatsangehörige – haben eine geringere Lebensqualität als Schweizerinnen und Schweizer bezogen auf die Wohnsituation, die Gesundheit oder das subjektive Wohlbefinden.
Auch in der Bildung, die für den Aargau eine wichtige Ressource und Voraussetzung für das Erreichen aller Nachhaltigkeitsziele ist, ist die Herausforderung gross: Aktuell wird der Bildungsabschluss auf Sekundarstufe II von deutlich mehr Schweizerinnen und Schweizer erlangt als von ausländischen Jugendlichen. Entsprechend finden sich auch signifikante Unterschiede zwischen den Nationalitäten im Arbeitsmarkt und der Sozialhilfe.
Die Sozialhilfequote sinkt im Aargau zwar erstmals seit zehn Jahren, der Anteil an Kindern und Jugendlichen an den Sozialhilfeempfangenden bleibt aber hoch. Sie stellen mit Abstand die grösste Altersgruppe der Sozialhilfeempfangenden dar. Dies erhöht ihr Risiko, auch als Erwachsene auf Sozialhilfe angewiesen zu sein.
Institutionen und Staatshaushalt
Herausforderungen wie der Klimawandel, mögliche Krisen im Zusammenhang mit der Globalisierung, aber auch der anhaltende gesellschaftliche Wertewandel erfordern einen Kanton Aargau mit starken, glaubwürdigen Institutionen, die transparent handeln, sowie einen Kanton, der über einen stabilen Staatshaushalt verfügt.
Mit verschiedenen Sanierungsprogrammen und der Umsetzung der Gesamtsicht Haushaltsanierung konnte der Kanton den finanziellen Handlungsspielraum zurückgewinnen. Ebenfalls dazu beigetragen haben höhere Beiträge aus dem nationalen Finanzausgleich sowie höhere Ausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank. So konnten in den letzten Jahren Schulden abgebaut und ausgeglichene Jahresergebnisse vorgewiesen werden.
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