Gewerkschaftliche Rezepte für das Aargauer Gesundheitssystem
Von: mm/f24.ch
«Es wäre eigentlich ganz einfach: Keine Profiteure im System, sondern gute Gesundheitsversorgung für alle. Doch die politisch gewollte Struktur des Gesundheitssystems verlangt von den Gewerkschaften höchste Aufmerksamkeit, damit eine effiziente Versorgung, eine soziale Finanzierung und gute Arbeitsplätze durchgesetzt werden kann» konstatierte der Aargauische Gewerkschaftsbund am vergangenen Donnerstag anlässlich seiner Delegiertenversammlung.
Florian Vock, Präsident AGB (Archivbild)
In seinem Einstiegsreferat begrüsste der Präsident vom Aargauischen Gewerkschaftsbund (AGB) Florian Vock die anwesenden Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter zur Delegiertenversammlung und machte deutlich: «Die marktwirtschaftlichen Rezepte, bei denen Gesundheit ein Produkt und Menschen ein Kostenfaktor sind, sind gescheitert. Mehr demokratische Kontrolle braucht es genauso, um Honoraraffären zu verhindern wie um Medikamentenpreise zu senken.»
Eine gute Gesundheitsversorgung unter fairen Bedingungen darf etwas kosten, darin sind sich die Anwesenden einig. Doch dafür bezahlen müssten heute – wegen der Kopfprämie – alle gleichviel. Unabhängig der Familien- oder Einkommenssituation. «Diese unsoziale Finanzierung ist in Westeuropa einzigartig», hält SGB-Zentralsekretär Reto Wyss fest. «Doch anstatt die Finanzierung gerechter zu organisieren, wollen Lobbyisten um CVP-Nationalrätin Humbel den Krankenkassen noch mehr Steuerungsmacht in die Hand geben und damit noch mehr Gewinnquellen ermöglichen.»
Daher sei die gewerkschaftliche Unterstützung für die angekündigte SP-Initiative, wonach kein Haushalt mehr als 10% des Einkommens für Krankenkassenprämien aufwenden soll, unbedingt nötig. «Es braucht im Gesundheitssystem mehr Finanzierung über Steuereinnahmen und keine Stärkung gewinnorientierter Krankenkassen.» Gesundheitsversorgung sei eine zentrale staatliche Aufgabe, die nicht privat und marktwirtschaftlich organisiert werden dürfe.
Ambivalente Position zum neuen Spitalgesetz
Unter diesem Eindruck müsse auch die Bewertung der Gewerkschaften zur Totalrevision des Aargauer Spitalgesetzes geschehen. Wohl blieben schlimmste Befürchtungen – zumindest vor der Parlamentsdebatte – aus: eine vollständige Privatisierung der Kantonsspitäler sei nicht angedacht.
«Wer soll unsere Kantonsspitäler denn kaufen können? In Frage kämen nur grosse ausländische Investorengruppen. Eine solche Privatisierung wäre bei der Stimmbevölkerung wohl kaum mehrheitsfähig», so VPOD-Geschäftsleiterin Silvia Dell’Aquila.
Der finanzielle Druck auf die Spitäler sei heute hoch. Dies aufgrund der Bauinvestitionen, die die Spitäler durch Gewinnerwirtschaftung finanzieren müssten, Fallpauschalen, die politisch und nicht nach dem tatsächlichen Aufwand festgelegt würden wie aufgrund weiterer Sparaufträge, die der Kanton in den letzten Jahren den Kantonsspitälern auferlegt habe. Auch die neue Vorlage des Regierungsrates halte den finanziellen Druck hoch und löse die grundsätzlichen Probleme in der Spitalfinanzierung nicht.
Dell’Aquila hält fest: «Mit dieser Sparpolitik werden keine Gesundheitskosten sinken. Aber es kommt zu vergleichsweise schlechten Arbeitsbedingungen und Löhnen beim Personal. Der Aargau ist am Arbeitsmarkt nicht konkurrenzfähig.»
Die Aargauer Gewerkschaften wollen in einer Kommission eine gemeinsame Position zur Totalrevision des Spitalgesetzes fassen und das Augenmerk insbesondere auf die Arbeitsbedingungen legen.
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