Aargauer Wälder in Bedrängnis
Von: mm/f24.ch
Seit 38 Jahren beteiligt sich der Aargau zusammen mit sieben weiteren Kantonen an einem Programm für die Dauerbeobachtung des Waldes. Die aktuellen Ergebnisse zeigen: Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit des Waldes sind unübersehbar. Die wichtigsten langfristigen Erkenntnisse: Der Stickstoff, die Versauerung der Böden und die Trockenheit setzen den Wäldern zu; der Esche macht ein Pilz zu schaffen, während die Eiche auch ein wärmeres und trockeneres Sommerklima erträgt.
Seit 1984 betreiben acht Kantone – darunter auch der Aargau – in Zusammenarbeit mit den Zentralschweizer Umweltämtern und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) ein Programm für die Dauerbeobachtung des Waldes. Das Institut für angewandte Pflanzenbiologie (IAP) untersucht im Rahmen dieses Programms auf 190 Beobachtungsflächen die Gesundheit unserer Wälder.
Achtzehn solcher Flächen liegen im Kanton Aargau. Es handelt sich dabei um ein wertvolles Instrument zur Erkennung und Dokumentation von schleichenden, in den letzten Jahren auch von akuten Veränderungen in den Wäldern. Während in den 1980er Jahren der Fokus auf den Auswirkungen des sauren Regens und der Ozonbelastung lag, rückten später die erhöhten Stickstoffeinträge in den Vordergrund. Die Ergebnisse für die nun vorliegende Vierjahresperiode (2017–2021) zeigen: Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldgesundheit sind unübersehbar.
Aus den wichtigsten Ergebnissen von 38 Jahren Dauerbeobachtung des Waldes lassen sich eine Reihe von Erkenntnissen und den entsprechenden Handlungsbedarf ableiten:
Zu viel Stickstoff schadet den Bäumen: Hohe Stickstoffeinträge führen zu einem Mangel an anderen Nährstoffen und dadurch zu einer Schwächung bei allen untersuchten Baumarten (Buchen, Fichten, Eichen). Die Anfälligkeit gegenüber Parasiten sowie Auswirkungen des Klimawandels wie Trockenheit und Sturm steigt und das Baumwachstum wird gehemmt. Zudem nehmen Vielfalt und Menge von Mykorrhiza-Pilzen ab, dadurch können die Bäume weniger gut Nährstoffe und Wasser aufnehmen. Für einen nachhaltig gesunden Wald müssen die Stickstoffeinträge aus Landwirtschaft (Viehhaltung), Industrie und Verkehr weiter reduziert werden.
Stickstoff macht den Boden sauer: Langanhaltend hohe Stickstoffeinträge aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr haben vielerorts zu einer Versauerung der Waldböden beigetragen. Die Folge ist eine Bodenversauerung und es werden Nährstoffe freigesetzt und aus dem Boden ausgewaschen. Diese stehen dann für die Bäume nicht mehr zur Verfügung. Der Trend einer schleichenden Bodenversauerung ist deutlich über die Jahre zu erkennen. Dies wurde über alle Baumarten (Fichten und Buchen) sowie Bodenarten (zum Beispiel unterschiedliche Basensättigungen) und verstärkt im Oberboden beobachtet. Die Waldbewirtschaftung leistet einen Beitrag zum Nährstoffgleichgewicht im Wald, indem sie bei der Holzernte die nährstoffreichen Äste und das Laub im Wald belässt und wo möglich grossflächige Holzschläge vermeidet.
Die Folgen der Trockenheit sind lange spürbar: Die ausserordentlich trockenen und warmen Sommerhalbjahre 2018 und 2019 haben vielen Bäumen sichtbar zugesetzt. Stark geschwächte Buchen können sich auch nach dem feuchten Sommer 2021 nicht mehr vollständig erholen und sterben vorzeitig ab. Der Klimawandel stellt Waldeigentümerschaft, Waldfachleute und die Fachstellen in der Verwaltung vor grosse wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen.
Ein Zeichen für die Eichen: Die negativen Folgen der Sommertrockenheit in den Jahren 2018 und 2019 zeigen sich bei den Eichen deutlich geringer als bei Buchen und Fichten. Das bestätigt, dass die Eiche auch ein wärmeres und trockeneres Sommerklima erträgt. Die Trockenheitstoleranz macht die Eiche zu einer wichtigen Baumart für den Schweizer Wald, insbesondere dort, wo heute die Buche vorherrscht. Sie bietet für viele Insekten und Vögel einen wertvollen Lebensraum und liefert zudem hochwertiges Holz.
Der Esche macht ein Pilz zu schaffen: Das Eschentriebsterben wird durch einen eingeschleppten Pilz verursacht. Seit 2008 wurden nach und nach fast alle Eschen in der Schweiz befallen und ein grosser Teil dieser Bäume stirbt ab. Etwa fünf Prozent der untersuchten Eschen scheinen gegenüber dem Pilzbefall tolerant zu sein. Die Erhaltung gesunder Eschen ist für den Fortbestand der Baumart entscheidend.
Der Aargau ist auf dem richtigen Weg
Die durch den Regierungsrat im Jahr 2017 genehmigte Umweltstrategie des Kantons Aargau sieht als wesentlichen Bestandteil ein qualitativ hochstehendes und quantitativ angemessenes, themenübergreifendes Umweltmonitoring vor.
Das langfristige Walddauerbeobachtungsprogramm liefert wichtige Monitoringdaten, die als Entscheidungsgrundlagen in die nachhaltige Waldbewirtschaftung einfliessen. In der aktuellen Situation mit einer starken Belastung der Waldstandorte durch Immissionen (Stickstoff) und den Auswirkungen des Klimawandels ist das Monitoring, das insbesondere auch schleichend ablaufende Prozesse sichtbar macht, besonders wertvoll.
Die Ergebnisse des Instituts für angewandte Pflanzenbiologie bestätigen, dass der Kanton Aargau mit der Förderung verschiedener trockenheitstoleranten Baumarten auf dem richtigen Weg ist. Dies betrifft insbesondere auch die Eiche, die im Rahmen von Naturschutz- und Waldbauprojekten stark gefördert wird.
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