Kinderuni Hochrhein geht ungebremst in die 3. Runde
Von: Hans Berger
„Wissen ist Macht!“ behauptete der Engländer Francis Bacon (1561-1626) und er muss es ja wissen, schliesslich war er nicht nur Philosoph, sondern auch Staatsmann und als Wissenschaftler Wegbereiter des Empirismus (philosophische Lehre über das Wissen). Wissen ist jedoch, genauso wie Denken, nicht einfach da, es entsteht und kann laufend verändert werden. Genau da setzt die vor zwei Jahren von den Gemeinden Stein und Bad Säckingen lancierte Kinderuni Hochrhein an, welche somit am 25. Oktober 2015 mit der spannenden Frage „Wie können Flugroboter Stäbe balancieren und Bälle jonglieren?“ in die dritte Runde geht.
(v.l.) Ralf Bielawski, Brigitte Burkhart, Jochen Frank Schmidt, Hansueli Bühler (Gemeindeamann Stein), Alexander Guhl (Bürgermeister Bad Säckingen), Helmar Burkhart (Prof. Uni Basel, Initiator und Gründungsrektor), Christian Mathesius und der die Fäden ziehende Ralf Däubler (Umweltbeauftragter von Bad Säckingen)
Wie am vergangenen Montag anlässlich der Vorstellung des neuen Semesterprogramms festzustellen war, lodert das Feuer bei den Machern der Kinderuni Hochrhein noch immer so heftig, wenn nicht gar mehr wie bei der ersten Medienvorstellung vor zwei Jahren. Gemeindeammann Hansueli Bühler (Stein AG) wie ebenso Bürgermeister Alexander Guhl (Bad Säckingen) gaben sich gar überzeugt, dass die beiden Nachbargemeinden durch die Kinderuni nochmals ein Stück näher gerückt sind und dies nicht nur auf der Ebene von Politik und Verwaltung.
Wer weiss - versteht
Zum Wissen gehört nicht nur das, was die honorarfrei dozierenden Professorinnen und Professoren vermitteln, sondern auch die Erfahrung, das Wissen grenzüberschreitend miteinander zu erweitern. Denn wer weiss, was der andere weiss und denkt, versteht den anderen besser.
Die Kinderuni Hochrhein bietet allen Acht- bis Zwölfjährigen beidseits des Rheins diese einmalige Chance der völkerverbindenden Wissenserweiterung. Nicht in Bern, Berlin, Brüssel oder Strassburg, sondern unter anderen auch an solchen Orten wie der Kinderuni Hochrhein wurzelt die Gesellschaft, das Europa von morgen.
Bildungshunger
Während auf badischer Seite das Angebot rege genutzt wird, ist die Fricktaler Beteiligung mit rund einem Drittel Studentenanteil doch eher bescheiden. Weshalb dies so ist, kann sich Gemeindeammann Hansueli Bühler nicht erklären. Die Gemeinde Stein habe vor beiden Semesterstarts zwar alle Schulen angeschrieben, die Resonanz sei jedoch sehr bescheiden gewesen.
Der Bildungshunger im Fricktal scheint offensichtlich nicht so gross zu sein wie jener auf der badischen Seite. Wenn dem tatsächlich so wäre und das Fricktal diesbezüglich die Schweiz repräsentiert, kann davon ausgegangen werden, dass hierzulande der Fachkräftemangel auch in zehn Jahren noch ein Thema sein wird.
Lustwecker
Nein, die Kinderuni Hochrhein ist keine Kaderschmiede, auch nimmt sie für sich nicht in Anspruch, den IQ der immatrikulierten „Studentinnen und Studenten“ weder erhöhen zu wollen noch zu können. Sie will vielmehr bei den Kids die Lust zur freiwilligen Wissenserweiterung wecken. Worauf letztlich die Theorie des englischen Philosophen Francis Bacon „Wissen ist Macht!“ basiert.
Professor Helmar Burkhart (Uni Basel), Initiator und Gründungsrektor der Kinderuni Hochrhein warnt dann auch alle Eltern davor, ihre Kinder zum Besuch der Uni zu zwingen, weil für sie, wie ebenso für die freiwilligen TeilnehmerInnen die Immatrikulation nur zur Belastung wird und somit niemand davon profitiert.
Ein Lustwecker zur Teilnahme an der Kinderuni 2016 könnte allerdings das an die Schulen gerichtete neue Angebot sein, dass eine Klasse unverbindlich an einer der vier Vorlesungen teilnehmen kann, an spannenden Themen mangelt es gewiss nicht.
Intelligenz?
Die Bedeutung von Intelligenz ist von Kultur zu Kultur verschieden: So gilt in den westlichen Ländern die hohe Denkgeschwindigkeit häufig als Zeichen von Intelligenz, was andere Kulturen wiederum als unklug und Qualitäten wie Respekt, Verantwortungsgefühl, Rücksichtnahme und Kenntnisse über die Natur weit höher gewichten.
Während hierzulande Nicht-Psychologen sich unter Intelligenz immer etwas Grossartiges und Umfassendes vorstellen, ist sie für viele Psychologen hingegen etwas sehr Nüchternes - eben nur ein Rädchen von den vielen, die den Menschen am Laufen halten.
Die Intelligenz war bereits in der Antike ein Thema, ebenso wie die Beobachtung, dass es zwei Ebenen geistiger Fähigkeiten gibt: die vorhandene Bildung einerseits und die Fähigkeit, neues Wissen aufzunehmen und damit umzugehen, andererseits.
Diese Differenzierung ging im Mittelalter verloren, Intelligenz und Wissen wurden gleichgesetzt, es war undenkbar, dass ein Ungebildeter, des Lateinischen nicht Mächtiger, in wichtigen Fragen die richtigen, weisen Schlüsse ziehen könnte - klar zumindest für diejenigen, die diese Art von (Ein-)Bildung genossen hatten.
Mit der Aufklärung besann man sich wieder auf die griechischen Philosophen und deren Thesen über intelligente Menschen. Man vermutete die Ursache für diese Intelligenz im Gehirn, das man sich als eine Art Maschine vorstellte (so wie es sich heute viele Menschen als eine Art Computer vorstellen). Die technischen Daten dieser Maschine galt es zu erheben, wollte man zum Kern der Intelligenz vorstossen, anstatt Wissen und Bildung zu messen.
Dies war durchaus wörtlich zu nehmen, Lombroso hat sogar Schädel vermessen. Der Darwin-Cousin Sir Francis Galton versuchte, Intelligenz mit damals modernen naturwissenschaftlichen Mitteln zu messen. Er mass das Reaktionsvermögen, das Hörvermögen in Bezug auf Lautstärke und Frequenz sowie die Sehschärfe. Auf der Londoner Weltausstellung 1888 und anschliessend im Londoner Museum richtete er ein öffentliches Testlabor ein.
Der erste, modernen Anforderungen genügende IQ-Test wurde von Alfred Binet erst 1905 entwickelt. Binet sollte im Auftrag des französischen Erziehungsministeriums einen objektiven Test zur Früherkennung lernschwacher Kinder entwickeln, nach dem gerecht entschieden werden sollte, wer zur Sonderschule geschickt wurde. Binets Test hatte bereits fast alle Merkmale heutiger IQ-Tests.
Allerdings spaltet heute der Quotient die Forschergemeinde: Manche sehen darin einen verlässlichen Indikator für das geistige Potenzial eines Menschen, andere stehen dem mutmasslichen mentalen Massstab mit Misstrauen gegenüber oder lehnen ihn gar völlig ab – auch, weil sie eine Diskriminierung der laut IQ-Test Minderbegabten fürchten.
Wenn beispielsweise ein Kind den Test absolviert, rechnet der Schulpsychologe und vergleicht die Anzahl gelöster Aufgaben mit dem statistisch gesetzten Normwert 100. Daraus folgt das Resultat: IQ 130 und höher bedeutet „sehr hohe Intelligenz“, 90 bis 109 „durchschnittliche Intelligenz“, 69 und weniger „sehr niedrige Intelligenz“.
Rund zwei Drittel erzielt einen IQ zwischen 85 und 115 Punkten. Nur zwei Prozent erreichen 130 Punkte oder mehr: Ab diesem relativ willkürlich festgesetzten Grenzwert sprechen Psychologen von Hochbegabung. Lediglich vier von 1‘000 Kindern erreichen einen IQ von über 140.
Neu dazugekommen ist die sogenannte Emotionale Intelligenz, welche in modernen Unternehmen neben den fachlichen Qualifikationen immer mehr an Bedeutung zunimmt. Besonders bei Führungskräften ist dieser Soft Skill (Kompetenz im zwischenmenschlichen Bereich, Fähigkeit im Umgang mit anderen Menschen) eine von den Unternehmen verlangte Grundvoraussetzung. (Quelle: Stangel/Taller)
Fazit
Bei diesem Wirrwarr über die Definition der Intelligenz solle also auf keinen Fall die Steigerung des IQ-Wertes die Motivation zur Anmeldung des Kindes an der Kinderuni Hochrhein sein, sondern die Förderung des bei den Acht- bis Zwölfjährigen noch im Übermass vorhandenen gesunden Wunderfitzes.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»