Regionalturnfest Stein - Sport und Fun im Doppelpack
Von: Hans Berger
Geradezu optimal am Regionalturnfest in Stein vom vergangenen Wochenende war das Wetter für die unzähligen Vereinsfahnen. Hei, hatten die eine Freude ab der steifen Brise und wetteiferten unter sich um die schönsten, tollsten und häufigsten Fahnenschläge genau so eifrig wie ihre Besitzer dies im turnerischen Bereich taten. Ein Fahnenmeer, wie in den heroischen Gemälden von den grossen Schlachten im Spätmittelalter dargestellt.
Regionalturnfest in Stein - Sport und Fun im Duopack
Eine Frage, die sich einem Aussenseiter beim Besuch eines Turnerabends immer wieder aufdrängt: „Wie schaffen es die Vereine nur, so perfekte Shows zu inszenieren?“ wurde am Regionalturnfest in Stein eindeutig beantwortet. Es ist deren, mit dem Pioniergeist der Gründerzeit zu vergleichende Intuition, sie wollen gemeinsam zu neuen Ufern aufbrechen, etwas bewegen, etwas umsetzen, ein Ziel erreichen und das Wir-Gefühl gibt ihnen die Kraft dazu. Ja, die Wirtschaft könnte bei den Turnvereinen, wo das Wort Solidarität noch in grossen Lettern geschrieben wird, was abgucken.
Realisierung
Nicht 7‘000 Rinder, wie Peter Hinnen in seinem Evergreen singt, sondern sage und schreibe 7‘000 hoch motivierte Turnerinnen und Turner gaben sich vergangenes Wochenende auf dem riesigen Sportareal in Stein ein Stelldichein. Wohl die Mehrzahl von ihnen ist schon seit kleinsten Kindesbeinen dabei und erinnerte sich nun eventuell an den ähnlichen Traum, wie ihn 1963 der Zürcher Meisterjodler eingestand:
Schon als ich kleiner war,
da war mir sonnenklar,
nur immer brav zu Haus,
das halte ich nicht aus
und unsere Stadt, die war mir viel zu klein,
ich wollte immer schon ein „Turner“ sein.
Frohsinn
Nun also waren sie im Land ihrer Träume angekommen, die Athletinnen und Athleten aus den Kantonen AG, AR, BE, BS, LU, NW SO, SZ, TG, ZH und jagten zwar nicht den Rindern als vielmehr den von rund 1‘000 „Sheriffs“ vergebenen Punkten in den verschiedensten Disziplinen nach. Lief‘s dann mal nicht so wie erhofft, wurde die „Niederlage“ gemeinsam „verarbeitet“, manchmal auch mit einem Bierchen heruntergeschluckt.
Bei einem Blick in die Runde musste der Aussenseiter aufgrund der beinah ausnahmslos fröhlichen Gesichter allerdings verwundert registrieren, dass es am Regionalturnfest in Stein gar keine Verlierer gibt. Und wenn doch, rubbelte die solidarische „Seelenmassage“ offensichtlich sofort wieder den Pioniergeist hervor. Null-Bock scheint in den Turnerkreisen ein Fremdwort zu sein.
Party
Ja, die Turnvereine sind allesamt verschworene Gemeinschaften, die miteinander durch dick und dünn gehen. So vermochte der Aussenseiter auch nicht schlüssig zu analysieren, ob deren Priorität nun beim Sport oder beim Partyfeiern liegt, vermutete aber, dass beides miteinander einhergeht.
Ansonsten hätten die Organisatoren wohl kaum nebst den Sportplätzen auch so zum ausgelassen Feiern verlockende Eventpunkte wie „Bierkönig“, „Hexenkessel“, „Weinkönigin“ oder „Schlemmerplatz“ geschaffen. Ein nahezu patriotisches Gefühl vermittelte das grosse Festzelt mit den unzähligen Wimpeln und den automatisch wehenden Vereinsfahnen.
Unschuldig
Wie an den Turnerabenden lieferten die Vereine in den Disziplinen Gymnastik und Geräteturnen so perfekte Shows, dass sich der Aussenseiter geradezu glücklich schätzte, die durchwegs fernsehreifen Darbietungen nicht bewerten zu müssen. „Ich jedenfalls wasche meine Hände in Unschuld, gut gibt’s die Sheriffs“, dachte er, nahm zufrieden einen grossen Schluck Bier, biss genüsslich in ein frisch zubereitetes Salzbrezel, genoss die quirlige, freudvolle Atmosphäre vom Regionalturnfest Stein und gab unumwunden zu, dass es um die Gesellschaft wohl schlecht bestellt wäre, wenn es die Turnvereine nicht gäbe.
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