Stein zeigt sich zukunftsorientiert
Von: Hans Berger
Nachfolgendes, auf das Vater-sein bezogene Sprichwort gilt gewiss auch für die Politik: „PolitikerIn werden ist nicht schwer, PolitikerIn sein dagegen sehr.“ Obwohl sie für das Funktionieren der Gesellschaft genauso wichtig sind wie der Vater für die Familie, geniessen PolitikerInnen nur bei 21 % der Bevölkerung das Vertrauen. Dies mag letztlich auch ein Grund gewesen sein, warum die Stimmberechtigten von Stein in der Fusions-Abstimmung der Empfehlung ihres Gemeinderats nicht Folge leisteten. Aber wie im Normalfall ein Vater nach einer familieninternen Niederlage den Bettel nicht einfach hinschmeisst, macht selbiges auch die Steiner Exekutive nicht, wie am vergangenen Mittwoch zu erfahren war, als sie die Bevölkerung über die Zukunft von Stein orientierte.
Der Gemeinderat von Stein (v.l.) GR Hansjörg Güntert, VA Walter Zumstein, GA Hansueli Bühler, GR Werner Schneider, GR Benie Ankli
Mögen auch einige wenige der TeilnehmerInnen der Meinung gewesen sein, dass dies die erste derartige Veranstaltung war, ist aus Journalistensicht zu bemerken: der Gemeinderat Stein ist - zumindest in den letzten zwei, drei Legislaturperioden – in der Zukunftsgestaltung des Dorfes besonders aktiv, hat dadurch nicht nur schon vieles verändert, sondern vorgängig auch zu unzähligen Infoveranstaltungen eingeladen. Bei einer Beteiligung von unter zehn Prozent der Stimmberechtigten werfen solche Treffen aber eben keine grossen Wellen.
Auch am Dienstag vertraten die rund 120 Anwesenden lediglich rund 7½ % der Stimmberechtigten. Trotzdem zeigte sich Gemeindeammann Hansueli Bühler erfreut und gleichzeitig erstaunt, dass so viele Bewohner den Weg in den Saalbau unter die Füsse, respektive Räder genommen haben.
Zollhaus
Im ersten Teil informierte Bühler über laufende Projekte. Eines davon ist die Umgestaltung und bauliche Erweiterung des im Jahre 2009 von der Schweiz erworbenen ehemaligen Zollhauses bei der Holzbrücke in ein Kulturhaus, was dem in corpore anwesenden Gemeinderat 1,1 Millionen Franken wert ist.
Vorgängig muss jedoch mit den Liegenschaftsnachbarn verhandelt und das ganze voraussichtlich im Dezember dieses Jahres von der Legislative abgesegnet werden.
Aus Sicht des Gemeinderates ist das Kulturhaus eine sinnvolle Ergänzung zum Saalbau und soll dereinst vom kürzlich gegründeten Kulturverein gemanagt werden. Ein nebensächliches, jedoch aufgrund seiner Rarität erwähnenswertes Detail ist, dass Deutschland, respektive Bad Säckingen auf Schweizer Boden, unmittelbar nach der Holzbrücke eine, ein paar wenige Quadratmeter grosse „Enklave“ hat.
Im Unterschied zum Kulturhaus sind punkto Finanzierung die 300‘000 Franken zur Sanierung der 1964 erbauten und 1992 letztmals renovierten Schulküche geradezu ein Klacks. Tiefer in die Tasche greifen muss Stein hingegen beim Sportplatz, wo für 890‘000 Franken zwei kleine Spiel- und Trainingsfelder wieder auf Vordermann gebracht werden müssen. Sollte der Souverän am 2. Dezember 2016 dem zustimmen, erfolgt die Ausführung im Sommer 2017.
Geradezu vernachlässigbar ist indes die Kostenfolge von Grundrechtsänderung einer im Oktober letzten Jahres von der Gemeinde Stein für 460‘000 Franken erworbenen Liegenschaft an der Schaffhauserstrasse 18. Dereinst soll dort die Jugendarbeit Stein-Münchwilen ihr Domizil bekommen.
Markante Eingriffe
Noch nicht gross ins Geld läuft auch ein Studienauftrag von 36‘000 Franken zur Evaluierung eines Naherholungsraumes im Bereich des zur Zeit unattraktiven, wenig genutzten Rheinuferweges. Sollte die Zusammenarbeit mit dem Projekt „Rheinliebe“ der IBA Basel 2020 erspriesslich sein, so schnellen zwar die Kosten schnell in die Höhe, desgleichen aber auch die Wohn- und Lebensqualität der Gemeinde. Auch darüber soll der Souverän an der Gemeindeversammlung vom Dezember entscheiden.
Im selbigen Bereich sind die Vergrösserung der Bushaltestelle und der Bau eines zweistöckigen Parkhauses am Bahnhof anzusiedeln. Während die SBB dafür 4,428 Millionen Franken investiert, beträgt der Gemeindenanteil lediglich 100‘000 Franken.
Handlungsbedarf
Auf der Traktandenliste des Gemeinderates steht auch ein neues Pumpwerk mit Sisseln und Laufenburg. Auch will der Gemeinderat das vom Bund übermässig generös gesponserte Agglomerationsprogramm zu Gunsten der Gemeinde nutzen und in Zusammenarbeit mit der IBA Basel 2020 eine lediglich 6‘000 Franken kostende städtebauliche Potenzialanalyse erstellen lassen.
Handlungsbedarf besteht auch in der Evaluierung des künftigen Schulraumbedarfs, wo der Gemeinderat die Nachbargemeinden einbeziehen will.
Miliztaugliche Behörde
Matchentscheidend für die Zukunft von Stein ist auch die Reorganisation der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderates. Aufgrund bereits bekanntgegebener und erwarteter Rücktritten aus der Regierung sei in diesem Gremium eine Neuausrichtung besonders wichtig, wie Gemeindeammann Hansueli Bühler betonte.
Weil vier Gemeinderäte im Rentenalter seien und somit über genügend Zeit zur eigenen Erledigung der anstehenden Aufgaben verfügten, sei der Rat immer mehr operativ tätig geworden, resümierte Bühler. Jetzt will der Gemeinderat das Rad wieder zurückdrehen, damit die nachrückende Generation sich auf die strategische Aufgabe beschränken kann und somit genügend Zeit für Familie und 100%-Job übrig bleiben. Das Ziel ist eine miliztaugliche Behörde und eine leistungsfähige Verwaltung.
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