Rechtsrutsch verliert an Rückhalt
Von: mm/f24.ch
Würde heute schon der neue Nationalrat gewählt, wäre es vorbei mit dem Rechtsrutsch von 2015. Siegreich wären neu die Grünen und die SP. Zulegen würde auch die FDP. Verliererinnen wären die SVP, die BDP und die CVP. Stabil ausfallen würde das Wahlergebnis der GLP. Das ist das Hauptergebnis der aktuellsten Auswertung gesamtschweizerischer Befragungen auf repräsentativer Basis des Forschungsinstituts für gfs.bern, erstellt für die Tagesschau von SRF.
Der aktuelle Stand
Die GPS würde im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2015 1.7 Prozentpunkte zulegen, die SP 1.5 Prozentpunkte. Bei der FDP läge das Plus bei 0.9 Prozentpunkten. Die SVP und die BDP verlören je 1.1 Prozentpunkte, die CVP 0.9 Prozentpunkte. Die GLP wäre 0.3 Prozentpunkte stärker als 2015.
Vereinfacht gesagt entspricht ein Prozentpunkt ungefähr zwei Sitzen im Nationalrat. Genauere Aussage sind jedoch nicht möglich, da es sich um nationale Parteistärken handelt. Die Sitze jedoch nach Kantonen vergeben werden. Zudem kann die Sitzverteilung durch Listenverbindungen beeinflusst werden, die bis kurz vor einer Wahl unbekannt sind.
Das neue Ergebnis zu den Parteistärken 1,5 Jahre nach den letzten Parlamentswahlen kontrastiert mit dem Befund, den gfs.bern vor sechs Monaten gezogen und publiziert hatte. Damals wurde der Rechtsrutsch bestätigt. Zu den Umfragesiegern gehörten im Herbst 2016 die FDP und die SVP, derweil die weiteren Parteien verloren oder sich halten konnten. Hauptgründe waren dann zumal, dass die SVP von der Bundesratswahl und die FDP von der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative profitieren konnten.
Die Trends
Neu sind vorallem die linken Parteien im Aufschwung. Ursache hierfür ist die Volksabstimmung über die Unternehmenssteuerreform III vom 12. Februar 2017.
So steigt der Anteil, der SP wählen würde, seit dem 15. Januar 2017 an. Bei der GPS lässt sich Gleiches seit dem 7. Januar 2017 sagen. Hier kommt noch hinzu, dass die Partei insbesondere vom Abstimmungskampf und Endergebnis zur Atomausstiegsinitiative etwas profitieren konnte.Ihr eindeutiges Tief hatten beide Parteien im Umfeld der Bundesratswahlen 2015 – ein Effekt, der aber nicht nachhaltig war, da die Durchsetzungsinitiative das politische Klima wieder veränderte und nachhaltiger prägte.
Von dieser Volksabstimmung profitierte auch die FDP. Sie rutschte mit der Entscheidung zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative in ein Tief. Davon hat sie sich jedoch erholt. Ihr Wähleranteil in Umfragen schwankt seither in begrenzten Bereich.
Die SVP hatte bei den Bundesratswahlen 2015 ihr absolutes Hoch. Sie erreichte vorübergehend einen Spitzenwert von 34 Prozent. Mit der Durchsetzungsinitiative verringerte sich das aber sofort wieder, ohne dass der so ausgelöste Negativtrend bis Ende 2016 aufgefangen werden konnte. Seither hat sich die SVP in nationalen Umfragen leicht im Minus stabilisiert.
Das konservative Klima, welches die Bundesratswahlen 2015 erzeugten, nützte vorübergehend auch der CVP. Doch auch sie verlor danach fast konstant. Der tiefste Wert war anfangs 2017. Seither hat sich der Wählenden-Anteil mit einem minimalen Aufwärtstrend stabilisiert.
Mit leichten Schwankungen stabil ist der Umfragewert für die GLP, während die BDP nie gross, aber praktisch dauerhaft verlor.
Gesellschaftliches Profil der Parteien
Die nachfolgenden Profile der Parteien beziehen sich nicht nur auf die aktuellen Parteistärken, sondern auf alle Befragungen seit den letzten nationalen Parlamentswahlen. Das erhöht die Fallzahlen und damit die Zuverlässigkeit der Aussagen.
SVP: Zentrale Determinanten der SVP-Wahl sind die soziale Schicht und die Siedlungsart. Am stärksten ist die SVP bei Wahlberechtigten mit tiefer Bildung, in Haushalten mit tiefem Einkommen und auf dem Lande. Am schwächsten fällt ihr Anteil in Haushalten mit hohem Einkommen oder Wählenden mit akademischer Ausbildung aus. Unter dem Mittel stark ist die Partei zudem in den grossen Agglomerationen. Die grösste Schwäche kennt die SVP in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz.
SP: Die Siedlungsart, der Schulabschluss und das Geschlecht kennzeichnen das Profil der SP-Wählerschaft. Am stärksten ist sie in den grossen Agglomerationen und bei Personen mit einem hohen Bildungsabschluss. Zudem fällt ihr Anteil bei Frauen etwas höher aus als bei Männern. Schwach ist die SP vor allem auf dem Land. Das findet sich auch in der italienischsprachigen Schweiz, derweil sich das Gegenteil in der Suisse romande findet.
FDP: Die sozioökonomische Stellung profiliert die FDP-Wählerschaft klar am meisten. Je höher das Haushaltseinkommen ist, desto eher würde man FDP wählen und umgekehrt. Zudem ist die FDP bei Frauen etwas schwächer verankert als bei Männern. Die FDP ist in der französischsprachigen Schweiz etwas stärker als national.
CVP: Das Profil der CVP in gesellschaftlicher Hinsicht ist ausgesprochen ausgeglichen. Die grösste Schwäche besteht in den grossen Agglomerationen. Umgekehrt ist sie auf dem Land vergleichsweise stärker als im Schnitt. Nicht geprüft haben wir hier die Konfessionszugehörigkeit, die bei der CVP in aller Regel anschlägt.
GPS: Der Bildungshintergrund kennzeichnet die Wahl der Grünen am stärksten. Bei Wahlberechtigten mit einem akademischen Hintergrund ist die GPS stärker als im Mittel, bei Leuten mit einer Berufslehre schwächer. Die italienischsprachige Schweiz ist ihre Schwäche, die französischsprachige ihre Stärke.
GLP: Unterschiede in den Wahlabsichten zugunsten der GLP finden sich vor allem entlang des Haushaltseinkommens. Bei sehr hohen Löhnen ist sie überdurchschnittlich stark, bei tiefen und sehr tiefen mehr als im Mittel schwach. Zudem kennt sie in der lateinischen Schweiz unterdurchschnittliche Anteile.
BDP: Nur die Sprachregionen profilieren die BDP-Wahl. Sie ist weitgehend ein Phänomen der deutschsprachigen Schweiz. Wichtigste Determinante der Wahlentscheidungen ist heute die soziale Schicht, sei dies der Schulabschluss oder das Haushaltseinkommen. Es folgen die Siedlungsart und die sprachregionale Differenzierung.
Zwischenbilanz
Die Bundesratswahlen bestimmten das politische Klima anfangs der Legislatur stark, aber nicht dauerhaft. Denn es folgte die Gegenbewegung ausgelöst durch die Durchsetzungsinitiative.
Die Wende nach links brachte eindeutig die Volksentscheidung zur Unternehmenssteuerreform III. Die Grünen profitierten zudem vorübergehend von der Atomausstiegsinitiative, der FDP schadete ebenso vorübergehend die Kritik an der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Die SVP konnte nach der Durchsetzungsinitiative selber in ihrem Kernthema, der Migrationsfrage, nicht wieder richtig Fuss fassen, wie die verlorenen Abstimmungen über die Asylgesetzrevision und die Einbürgerungsvorlage der 3. Generation zeigen.
Die Effekte der neu besetzten bürgerlichen Parteipräsidien sind durchwegs kleiner als die der Volksabstimmungen. Bei der CVP gab es kurzfristig keinen nennenswerten Aufschwung, allenfalls hat er mit dem neuen Jahr eingesetzt. Bei der SVP und FDP gab es anfänglich sogar Rückgänge, die zwischenzeitlich jedoch gestoppt sind. Nur bei der FDP ist im bürgerlichen Lager die Bilanz gegenüber 2015 insgesamt positiv.
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