Männerchor Rheinfelden im Trend der Zeit
Von: Hans Berger
Schon als Deutschlands Schlager-Legende Dieter Thomas Heck die „ZDF-Hitparade“ (1969 bis 1985) moderierte, wurde der Schlager trotz dreissig Millionen Zuschauern von den Medien für tot erklärt. Irgendwann glaubte dies das Publikum und setzte auf englisch gesungene Popmusik, deren Texte sich aber kaum von jenen der Schlager unterscheiden. Tot war der Schlager jedoch nie und ist heute dank Helene Fischer, Andrea Berg, Beatrice Egli und Andreas Gabalier gar wieder salonfähig geworden. So ist es eigentlich folgerichtig, dass auch der Männerchor Rheinfelden sein Repertoire dem Trend anpasst und damit vergangenen Sonntag anlässlich seines Herbstkonzertes einen Grosserfolg einheimsen konnte.
Männerchor Rheinfelden im Trend der Zeit
Gags an Gags
Der grosse Kurbrunnensaal war beinah bis auf den letzten Platz besetzt, als Fredy Leder zur Begrüssung das Mikrophon in die Hand nahm und das Publikum umgehend reklamierte, weil kein Ton zu vernehmen war. Der clevere Sängerkollege Sepp Mietrup half dem Ansager sofort aus der Patsche, indem er das zu Sagende kurzerhand auf Schrifttafeln anzeigte, wofür er grossen Applaus erntete, welcher sich jedoch noch steigerte, als die Beiden offenbarten, dass das Mikrophon eine Attrappe aus zwei zusammengeklebten Sieben war und somit logischerweise nichts verstanden werden konnte.
Das Moderatorenduo hatte noch viele solcher Gags auf Lager, wie sich im Verlaufe des rund zweistündigen Konzerts herausstellte.
Tränendrüse
Auch wenn der Männerchor zum Teil tief ins Schlagerarchiv eintauchte, klangen die Lieder alles andere wie verstaubt, so auch der 1956 die Hitparade stürmende Evergreen „Tulpen aus Amsterdam“, mit dem die Sänger unter der Leitung von Monika Sturm das Konzert eröffneten.
Das wohl bekannteste Lied aus dem Musical "Cats" von Andrew Lloyd Webber ist zweifelsfrei „Memory“, welches der Chor genauso rührend und klagend vortrug wie im Original und daher vermutlich bei Manchen im Publikum die Tränendrüse zu aktivieren vermochte. Mit dazu bei trug auch das subtile Spiel der Pianistin Viktoria Roubtsova, welche aber bei anderen Stücken durchaus auch rockig in die Tasten greifen konnte.
Seicht, aber nicht leicht
Solche Texte wie „Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu Strandbikini“ trugen seinerzeit gewiss zum Verruf des Schlagers bei, obwohl gerade bei diesem Titel es nicht einfach ist, Wort- und Tonfolge miteinander in Einklang zu bringen, erst recht nicht, wenn dies rund dreissig Stimmen tun müssen, was jedoch der Männerchor Rheinfelden meisterlich meisterte. Dem gleichen Schwierigkeitsgrad zuzuordnen ist auch Costa Cordalis „Anita“.
Beide Melodien scheinen nur oberflächlich seicht, um sie jedoch so präzise wiedergeben zu können bedarf es einiger Proben. Offensichtlich aber hat Monika Sturm ihre Männer so im Griff, dass diese während einem Vortrag keinen Blick von ihr lassen und exakt ihrem Dirigat Folge leisten.
Ein weiterer Pluspunkt des Chores ist, dass das Meiste auswendig gesungen wird, so dass die Stimmen nicht wie zu oft üblich von den Notenblättern blockiert werden, sondern dort ankommen, wo sie ankommen sollen, nämlich beim Publikum.
Eindrückliche Arrangements
Für die Einen gehört er in die Abteilung Rock, für die Anderen ist es ein Schlager, egal - ein Klassiker ist der Song „Über sieben Brücken musst du geh‘n“ allemal und vermag auch nach 35 Jahren noch immer zu berühren, so geschehen auch im Kurbrunnensaal.
Feuchte Augen gab’s gewiss auch beim Lied „Weit, weit weg“ bei dem vor allem die ersten Tenöre mit ihren Kopfstimmen brillierten. Eindrücklich auch Nenas „99 Luftballons“ oder Andrea Bergs „Du hast mich 1000 Mal belogen“, deren Arrangements die in den Texten steckende Tragik hervorhoben. „Über den Wolken“ und „Mit 66 Jahren“, waren weitere Schlager, mit denen der Männerchor Rheinfelden zu betören wusste und grosse Applause erntete.
Starke Stimmen
Zu begeistern wussten auch die zehn jungen Damen vom Soundpops-Ensemble unter der Leitung von Dorothee Meng mit einigen der berühmten Songs aus den grossen Disney-Filmen. Starke Stimmen, fesselnder Gesang, anspruchsvolle Arrangements ist das Markenzeichen des Chors, der offensichtlich auch musikalisch grosse Hürden mit Leichtigkeit zu nehmen vermag.
Eindrücklich war indes auch das Schlussbouquet, in dem die doch in die Jahre gekommenen Sänger und die jungen Damen gemeinsam den 1985 von Michael Jackson und Lionel Richie geschriebenen Welthit „We are the World“ nicht nur sangen, sondern die Textpassage „Wir sind die Welt, wir sind die Kinder, wir sind diejenigen, die einen strahlenderen Tag machen“ im Kurbrunnensaal auch umzusetzen vermochten.
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