Jazzclub Q4 öffnete den Olymp
Von: Hans Berger
Einmal mehr erwies sich vergangenen Montag der Kulturkeller vom Rheinfelder Hotel Schützen als idealer Ort, um - getragen von wilden und sanften Rhythmen des „Eli Degibri Quartett“ - locker in die Jazzwelt einzutauchen. Grundsätzlich ist die Sprache der Musik universell, sie kann ohne büffeln von Vokabeln und Grammatik sofort verstanden werden, die einzigen Voraussetzungen dafür sind: ein offener Geist, ein offenes Ohr, die Akzeptanz, dass es nebst der eignen noch andere Sprachen gibt, welche, wie die gesprochene Sprache, irgendwie miteinander verwurzelt sind. Um als Outsider die Sprache des Jazz zu verstehen, ist die Einhaltung dieser Grundsätze elementar. Der Jazz ist ähnlich wie die Wurzel eines Baumes, dessen Zweige die späteren Einzelsprachen repräsentieren, dazu später aber mehr.
Eli Degibri Quartett, direkt aus dem Jazz-Olymp
"Was ist zu erwarten?“, dürften sich am Montagabend im Kulturkeller vom Hotel Schützen die Outsider, welche sich offensichtlich in der Minderheit befanden, gefragt haben. Namen wie Eli Degibri (Tenorsaxophon), Gadi Lehavi (Piano), Barak Mori (Bass), Ofri Nehemya (Schlagzeug) gehören nicht zum Allgemeinwissen. „Sie nicht zu kennen ist daher keine Schande“, .trösten sich fälschlicherweise die Unwissenden, berücksichtigten dabei aber nicht, dass der organisierende, 1985 gegründete Jazzclub Q 4 nur Musikerinnen und Musiker des Jazz-Olymps oder allenfalls in dessen Entréé Stehende präsentiert.
Fragen
Der Showdown begann kurz nach zwanzig Uhr. Nachdem Colette Müller, Präsidentin vom Rheinfelder Jazzclubs „Q4“ das Auditorium begrüsst, das Gastrecht im Hotel Schützen verdankt hatte, betraten zwei mittleren Alters und zwei blutjunge, schwarz gekleidete Männer die Bühne.
Das Augenmerk des Publikums richtete sich natürlich sofort auf die jungen Musiker. „Das kann doch nicht sein, dass die beiden Jugendlichen die hochstehende Engagementshürde vom Q4 überwunden haben“, argwöhnten bestimmt nicht wenige im atmosphärischen Schützenkeller.
Rechts von Zeus
„Irrtum, sprach der Igel und stieg vom Kaktus“. „Nein, unmöglich, das gibt‘s nicht und wenn doch, ist es ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, dies live miterleben zu dürfen“, war wohl meist die erste, beinah schockierte Reaktion, als der 18-jährige Gadi Lehavi in die Tasten griff und der 20-jährige Ofri Nehemya seinem Schlagzeug nicht nachvollziehbare Rhythmen und Klänge entlockte. Zwei Musiker, die trotz ihres jungen Alters nicht nur bereits im Olymp angekommen sind, sondern auch noch auf der rechten Seite von Zeus Platz genommen haben.
Selbstfindung
Wer Gadi Lehavi zusieht und zuhört kommt kaum, auch aufgrund seines Äusseren, an einem Vergleich mit dem jungen Mozart, der heute vermutlich eher dem Jazz wie der Klassik zugetan wäre, vorbei. Der in Israel geborene Gadi Lehavi ist ein früh entdecktes Wunderkind.
Seiner Mutter sei es immer wichtig gewesen, dass sich sein Gehör natürlich entwickelt und nicht von zu viel angelerntem Wissen stören lässt, sagt die israelische Psychologin Leon Segan in einem Interview. Mit dem Ergebnis, den Weg zum Jazz hat er alleine gefunden, womit der Link zum letzten Satz im Leadteil hergestellt wäre.
Magier
Auch Ofri Nehemya ist eine Ausnahmeerscheinung - was er dem Schlagzeug entlockt grenzt an Magie. Was es aber nicht sein kann, weil bekannt ist, dass sein Vater, ebenfalls Profi-Schlagzeuger, sein grosser Lehrmeister war. Ofri Nehemya begeistert nicht nur mit rhythmischen Improvisationen, sondern auch mit kaum noch zu vernehmendem und dennoch präsentem Spiel. Schlichtweg ein Virtuose, der seinesgleichen sucht.
Auf Augenhöhe
Klar, dass solche Talente musikalische Partner auf gleicher Augenhöhe brauchen, was sie, ohne Wenn und Aber mit dem Bandleader und Saxophonisten Eli Degibri, selbst ein ehemaliges Wunderkind sowie dem Bassisten Barak Mori haben. Die rund zehnminütigen Stücke waren geprägt von leisen Zwiegesprächen, heftigen Diskussionen, feurigen Monologen, sanften Dialogen bis hin zu aufrührerischen Demonstrationen. Die Stimmungsschwankungen waren kaum wahrzunehmen, sie waren einfach plötzlich da.
Das Quartett
Das Quartett aus Israel entführte seine Zuhörer in eine Fantasiewelt voller verlockender Klänge. Mit unvergleichlichen Soli und extravaganten Tönen vermochte es mehr wie zu begeistern. Ein Quartett, das mit allen musikalischen Wassern gewaschen ist, eine Band, welche das Schwingen von Körper, Seele und Geist unverfälscht wiedergeben kann, vier Musiker, die sich gegenseitig herausfordern und dem Publikum voll und ganz hingeben und es in ein Wechselbad der Stille und Stimmung eintauchen lassen. Ein Konzert, das wohl kaum jemand, der es erleben durfte je vergessen wird, denn in dieser Qualität ist Musik wie ein Märchen: zeitlos und unsterblich.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»