Gewerbeverein Rheinfelden lud zur „Berufsschau“
Von: Hans Berger
Bereits zum vierten Mal lud vergangenen Dienstag der Gewerbeverein Rheinfelden (GVR) zusammen mit der Kreisschule unteres Fricktal (KUF) Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen von Real-, Sekundar- und Bezirksschule sowie Werkjahr zu einer kleinen „Berufsschau“ ein, an der ihnen vierzehn Berufe vorgestellt wurden.
Gewerbeverein Rheinfelden lud zur „Berufsschau“ und rund siebzig Schülerinnen und Schüler kamen
Im Hörsaal vom Schulhaus Engerfeld begrüsste Karin Küng, Mitglied der Schulleitung Kreisschule Unteres Fricktal (KUF) rund siebzig Schülerinnen und Schüler. Seitens des Gewerbevereins machte selbiges der Wallbacher Unternehmer Alfons Kaufmann und fragte, wer schon das neuste iPhone habe. Die Resonanz war zwar klein, trotzdem meinte der Malermeister, dass sowohl für den Erwerb eines iPhones wie auch für die Berufslehre Geduld angesagt sei.
Als zwingende Voraussetzung für einen erfolgreichen Lehrabschluss nannte er: Anstand, Pünktlichkeit, sauberes Auftreten und Beharrlichkeit. Den Beruf fürs Leben gebe es nicht mehr. Das berufliche Leben verlaufe heute meist in mehreren Phasen mit Brüchen und Unterbrüchen, dozierte Kaufmann sinngemäss.
Nach dem Kurzreferat konnten sich die Schülerinnen und Schüler in der Aula in einem Turnus von zwanzig Minuten über drei im Vorfeld von ihnen bestimmte Berufszweige ausgiebig informieren.
Qual der Wahl
Die Berufswelt ist „undurchsichtiger“ geworden und die Berufswahl komplizierter. Eine Schwierigkeit der modernen Berufswelt liegt darin, dass sich Berufe aufgrund der technischen Entwicklung schubweise immer wieder ändern. In Fabriken, Bürogebäuden und Dienstleistungszentren werden heute rund 250 Basis-Berufe plus Tausende andere berufliche Funktionen ausgeführt, welche junge Menschen vor der Berufswahl verständlicherweise jedoch kaum kennen.
Hitparade
Die Ausbildung zur Kauffrau ist bei weitem die beliebteste Ausbildung von jungen Frauen. Ausbildungen im Bereich Detailhandel, Betreuung, Gesundheit und Coiffeuse liegen ebenfalls weit vorne. 75% der jungen Frauen schränken sich in ihrer Berufswahl auf lediglich 12 Berufe ein. Die restlichen 25% verteilen sich auf 126 Berufe.
Die beliebtesten Berufe der Frauen: 1. Kauffrau, 2. Detailhandelsfachfrau, 3 Fachfrau Betreuung, 4. Fachfrau Gesundheit, 5. Coiffeuse, 6. Dentalassistentin, 7. Medizinische Praxisassistentin, 8. Pharma-Assistentin, 9. Fachangestellte Gesundheit, 10. Köchin
Auch bei den jungen Männern zeigt sich die grosse Beliebtheit der kaufmännischen Berufsausbildung. Lehren im Bereich Informatik, Elektroinstallateur, Detailhandelsfachmann und Polymechaniker werden ebenfalls gerne gemacht. Bei jungen Männern ist das Berufsspektrum grösser als bei den Frauen: 75% der jungen Männer ergreifen einen Beruf aus den ersten 30 der Berufswahlhitliste. Die restlichen 25% verteilen sich auf 167 Berufe.
Die beliebtesten Berufe der Männer: 1. Kaufmann, 2. Informatiker, 3. Elektroinstallateur, 4. Detailhandelsfachmann, 5. Polymechaniker, 6. Koch, 7. Logistiker, 8. Automobil-Mechatroniker, 9. Automobil-Fachmann, 10. Fachmann Betriebsunterhalt.
Kein „Auslaufmodell“
Gemäss der letzten Erhebung standen am 15. April 2014 hochgerechnet schweizweit 136‘500 (2013: 141‘000) Jugendliche vor der Ausbildungswahl, davon interessierten sich 73‘000 (2013: 78'000) für eine Lehrstelle. Die befragten Unternehmen meldeten jedoch ein Angebot von hochgerechnet 80‘000 Lehrstellen (2013: 81'500). Aus Sicht der vor einer Berufswahl stehenden Jugendlichen eine erfreuliche Situation.
Es sind jedoch noch keine zehn Jahre her, war das Lehrstellenangebot äusserst prekär. Auf dem Zenit der Lehrstellenkrise hatte der damalige Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss 2004 die Partner der Berufs- und Arbeitswelt zur ersten nationalen Lehrstellenkonferenz zusammengerufen, um Strategien für ein ausgewogeneres Verhältnis von Angebot und Nachfrage in der Berufsausbildung zu beschliessen.
Aus der Notfallübung wurde eine Tradition mit positivem Leistungsausweis, wie die heutige Situation zeigt. Zum einen half die aufgehellte Konjunktur dem Lehrstellenmarkt, zum andern haben unterdessen alle von Bund, Kantonen, Gewerbe und Industrie beschlossenen Massnahmen erfreulich gut gegriffen.
Entgegen dem Eindruck um die Jahrtausendwende kann heute daher festgestellt werden: Das schweizerische Berufsbildungssystem ist kein „Auslaufmodell“, da zwei von drei Jugendlichen auf diesen Weg setzen und sie verbunden mit etwas Flexibilität auch eine Lehrstelle finden.
Geben und nehmen
Zu den Rennern am Infoabend gehörte, wie nicht anders zu erwarten war, Kauffrau/mann, Gesundheit, Betreuung und Elektro. Das Interesse der Jugendlichen war mässig bis gross, was teilweise aber auch von der Kommunikations- und Begeisterungsfähigkeit der Dozentinnen und Dozenten abhing. Diese scheinen bei den Handwerkern besonders ausgeprägt zu sein, da an ihren Tischen kaum gelangweilte Gesichter anzutreffen waren.
Wie überall ist auch bei einer solchen Infoveranstaltung die Ausgewogenheit zwischen geben und nehmen ein ausschlaggebender Faktor für den Erfolg, so kritisierten die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner zu Recht eine mangelnde Vorbereitung seitens der Schülerinnen und Schüler, denn wo keine Fragen und Bemerkungen sind, findet meist auch kein interessdanter Dialog statt.
Überraschung
Im Nu war die Stunde vorbei. Wieder im Hörsaal versammelt, sprach Karin Küng dem Gewerbeverein Rheinfelden (GVR) sowie den Ausbildnern für deren Engagement ihren Dank aus, welchem sich das Auditorium mit einem spontanen, kräftigen Applaus anschloss. Zur sichtlichen Überraschung der Dozentinnen und Dozenten überreichten ihnen Schülerinnen und Schüler als zusätzliches Dankeschön selbstgebackene Zöpfe.
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