SchülerInnen schnuppern Bühnenluft
Von: Hans Berger
Das Rollenspiel ist für des Menschen Dasein existenziell, weil es im sozialen Miteinander oder erst recht auf dem Weg nach oben schlichtweg unmöglich ist, immer die eigenen Gedanken, die innersten Gefühle, kurzum die Seele nach aussen zu tragen. Das Rollenspiel auf der Bühne indes ist ein zweites Paar Stiefel, dort kann nicht einfach kaschiert werden, dort müssen die SchauspielerInnen mit Haut und Haar jene Personen verkörpern, die sie spielen. Dieser Metamorphose stellten sich vergangenen Mittwoch und Donnerstag im Rahmen von FerienSpass in der Rheinfelder Kapuzinerkirche, unter der Leitung der Theater-Allrounderin Olivia Lang und deren Assistenten Roger Wiederkehr fünfzehn Jugendliche, die allesamt bald merkten, dass Schauspielern mehr ist wie nur „theaterlen“.
SchülerInnen schnuppern Bühnenluft
Jede Mutter, jeder Vater, jedes Kind weiss es. Die Begründer der modernen Pädagogik, Rousseau, Pestalozzi, Humboldt, haben es gewusst. Kopf, Herz und Hand müssen gemeinsam gebildet werden. Theaterspiel fordert und fördert alle wesentlichen sozialen und kulturellen Fähigkeiten und Fertigkeiten, weil sie für das Gelingen des Spiels wirklich gebraucht werden: Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Gedächtnis, sprachlicher und körperlicher Ausdruck, Präsenz im Auftritt, Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Fantasie, Emotion, kulturelles Wissen, soziale Erfahrung, geistige und körperliche Beweglichkeit.
Lebensschule
Einmal ein Anderer sein. Rollen ausprobieren, die man sich im Leben nicht zutraut. Heute ein König sein, morgen ein Narr und dabei immer sich selbst finden. Andere Perspektiven gewinnen und zulassen. Sich ernst genommen fühlen. Keine Angst haben, etwas falsch zu machen. Der Schüchterne darf endlich mal laut sein, der Klassenclown ernst und nachdenklich. Das alles kann Theater. Und noch viel mehr, wie die Jugendlichen vom Theater-Kurs „So en Quatsch!“ hautnah erleben konnten.
Beachtenswert
Ein jeder Beruf fordert heute eine lebenslange Weiterbildung, noch intensiver ist dies jedoch bei der Schauspielerei der Fall. Es ist daher umso beachtenswerter, was die beiden Leiter Olivia Lang und Assistent Roger Wiederkehr ihren Schützlinge in nur drei Stunden Theaterarbeit inklusive Kostümprobe beigebracht haben.
Helden
Klar, bei der gestrigen Hauptprobe, notabene nur eine Stunde vor der Weltpremiere, konnten die Texte noch nicht so richtig sitzen, wie ebenso die einzelnen Szenen. Der springende Punkt indes war, die jungen SchauspielschülerInnen hatten das Gefühl für die richtige Darstellung, merkten aber, dass es für deren Umsetzung in etwa des selben Mutes bedarf wie für den freien Flug beim Bungeejumping. Im Ergebnis gibt’s dann aber einen wesentlichen Unterschied: nach dem ersten Sprung werden die Bungeejumpers als Helden gefeiert, während die jungen Schauspieler allenfalls ein Lob zu hören bekommen. Den „ultimativen Kick” können indes sowohl die einen wie die anderen erleben.
Lampenfieber
Dass die Ad-Hoc-Crew vom Theater Unicum Lampenfieber hatte, war spürbar. Verständlich, mussten sich doch die Mitglieder des Ensembles nicht nur als SchauspielerInnen, sondern auch als Autoren der beiden Stücke „Alte Frau an der Bushaltestelle“ und „Das unheimliche Waldgespenst“ dem Premierenpublikum stellen.
Kein Zweifel - auf den Brettern zu stehen, die die Welt bedeuten, die extraordinäre Bühnenluft zu schnuppern und dann erst noch des Künstlers Lohn, den Applaus des Publikums empfangen zu dürfen war wohl für alle mehr wie nur ein HeidenFerienSpass.
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