NAB Wirtschaftsapéro thematisierte „Industrie 4.0“
Von: Hans Berger
Die industrielle Revolution 4.0 ist in ihrer Auswirkung in etwa vergleichbar mit der bissigen Bise, die vergangenen Montag den TeilnehmerInnen des NAB Wirtschaftsapéro heftig entgegenschlug, als sie vom Parkplatz zum Tagungsort, dem Regionalspital Rheinfelden (GZF) unterwegs waren, auf dem Rückweg indes erleichterte ihnen der selbige Wind das Vorwärtskommen.
(v.l.) Thomas Rühl, Beat Dobmann, Andreas Holzer
NAB-Leiter Firmenkunden Fricktal, Linus Lori, konnte am vergangenen Montag im grossen Saal vom Rheinfelder Gesundheitszentrum Fricktal (GZF) eine rund 130-köpfige illustre Gesellschaft zum traditionellen NAB Wirtschaftsapéro - den die Bank zusammen mit dem Gewerbeverein Rheinfelden seit Jahren organisiert – begrüssen.
Angenehm auffallend war, dass die Bank den Anlass nicht zur Selbstdarstellung nutzte, sondern ihren Gästen mit den beiden kompetenten Referenten Beat Dobmann und Andreas Holzer Gelegenheit bot, sich vertieft mit dem unter den Nägeln brennenden Thema der industriellen Revolution 4.0 zu befassen. Linus Lori meinte einleitend, dass im Gegensatz zur übrigen Schweiz das Aargauer Gewerbe den „Frankenschock“ noch nicht überwunden habe, aber betreffend der „industriellen Revolution“ dennoch relativ gut unterwegs sei.
Kühlschrankthese
Bezugnehmend auf den anfänglichen Vergleich hatte Beat Dobmann, Technologie- und Innovationsexperte, Hightech Zentrum Aargau eher die Rolle der ins Gesicht schlagenden Bise inne. Anhand von nachvollziehbaren Vergleichen verdeutlichte er, dass die Welt innert kürzester Zeit auf den Kopf gestellt wird und folgedessen Artikel 23 der Menschenrechte „Recht auf Arbeit“ zur Makulatur wird.
Zur Untermauerung dieser These diente ihm ein Kühlschrank, dessen Thermostat dem Kompressor bis anhin meldete, ob er kühlen muss oder nicht. Inskünftig werde der Kühlschrank den Nutzer jedoch via Smartphone über den Inhalt und was zu kaufen ist informieren. Weitergedacht platziert der Kühlschrank beim Online-Shop gar eine Bestellung.
Auf den Punkt gebracht meinte Dobmann: „Industrie 4.0 ist die Informatisierung der Fertigungstechnik. Von der Massenproduktion zur Einzelfertigung zu Serienkosten. Von Einzelprozessen zu Prozessketten (Beispiel Kühlschrank). Vernetzung von intelligenten Maschinen zu leistungsfähigen Wertschöpfungsnetzwerken.“ Davon seien alle Sektoren und Branchen betroffen (Industrie, Energie, Gesundheit, Finanzwelt, Tourismus, Verwaltung, Handel usw.).
Prognosen
Der Technologie- und Innovationsexperte prognostizierte, dass bis 2025, also in acht Jahren, vierzig Prozent der heute 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt (Fortune Global 500) verschwunden sind, weil sie bestehende Technologien, Produkte oder Dienstleistungen nicht nutzten.
Gemäss dem Ökonom Erik Brynjolfsson wird sich die Lohnschere infolge der technologischen Entwicklung weiter öffnen und der Mittelstand wird ausgehöhlt, weil neue Jobs nur noch für Unqualifizierte und Hochqualifizierte geschaffen würden.
Noch härter deutet der Investor Albert Wenger die Zukunft: „Der digitale Wandel wird die Arbeitswelt nicht nur verändern, er wird sie pulverisieren. Der Mensch wird aber nicht überflüssig, er wird arbeitslos.“ Wie Wenger schliesst auch Beat Dobmann ein künftiges - vom Schweizer Volk am 5.6.16 mit 78 % noch hochkantig abgelehntes – Grundeinkommen nicht aus, weil fürs Überleben die Wirtschaft zwar „keine“ ArbeiterInnen, aber Konsumenten und Konsumentinnen braucht.
Heute noch
Den Firmen rät Dobmann, die Geschäftsprozesse radikal zu hinterfragen, neue Geschäftsmodelle zu prüfen, Trends und Entwicklungen scharf im Auge zu behalten, die Firmenkultur innovationsfreundlich zu gestalten, die Mitarbeiterkompetenzen laufend zu entwickeln und - ganz wesentlich - die Konsequenzen der digitalen Transformation nicht kleinzureden, sondern sie heute noch an die Hand zu nehmen.
Rückenwind
Bezugnehmend auf den anfänglichen Vergleich nahm Andreas Holzer, CEO des international tätigen Textildienstleisters Bardusch AG, Basel eher die Rolle des Rückenwinds ein. Die Firma ist ein Paradebeispiel dafür, dass „Industrie 4.0“ nicht nur in den Köpfen der Technologen und Informatiker funktioniert. Dies jedoch auch vor allem darum, weil beispielsweise die Bardusch AG die digitalen Möglichkeiten bereits schon unbeirrt nutzte, als der Begriff „industrielle Revolution 4.0“ noch inexistent war.
Täglich waschen in den fünf Niederlassungen Basel, Brugg, Rheinfelden, Yverdon und Sierre rund 500 Mitarbeitende circa 100 Tonnen Wäsche. Das Unternehmen betreut die gesamte Wäscheaufbereitung und -logistik für Spitäler, Kliniken, Heime, Hotel- und Gastrobetriebe, öffentliche Dienste sowie für Gewerbe und Industrie.
Der Clou des Produktionsprozesses ist, dass, analog dem Kühlschrankbeispiel, jedes Wäschestück bis hin zu den Unterhosen registriert ist und dessen vollständiger, wäschemässiger Lebenslauf zurückverfolgt werden kann, dies auch seitens der Kundschaft.
Grosses Finale
Nach einer kurzen, von Thomas Rühl, Leiter Regional Research, Credit Suisse geleiteten Podiumsdiskussion bedankte sich Fritz Gloor, Präsident vom Gewerbeverein Rheinfelden (GVR) bei den Referenten, der NAB sowie bei den Teilnehmern. Beim abschliessenden, von der NAB gesponserten und von der Spitalküche zubereiteten ausgiebigen Apéro riche mangelte es der illustren Gesellschaft aufgrund der beiden hochstehenden Referate kaum an Gesprächsstoff.
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