Weltweite Bedrohung von Primaten betrifft uns alle
Von: Susanne Diederich
Weltweit sind sechzig Prozent der derzeit rund 500 bekannten Primatenarten vom Aussterben bedroht. Primaten leben in tropischen und subtropischen Gebieten der Erde und sind vor allem in Regionen Afrikas, Südamerikas, Madagaskars und Asiens verbreitet. Dennoch ist das Artensterben ein globales Problem.
Skywalker-Gibbon (Hoolock tianxing), eine neue, in den tropischen Wälder im Südwesten Chinas lebende Art von Weissbrauengibbons. Die Affen waren schon länger bekannt, Tierforscher haben sie jedoch erst anfangs Januar 2017 als eigene Spezies identifiziert. (Foto: P.-F. Fan)
Ein internationales Forscherteam bewerteten in ihrer Studie die wirtschaftliche, soziale, kulturelle, ökologische und wissenschaftliche Bedeutung von Primaten und die globalen Konsequenzen des Artensterbens. Sie rufen dazu auf, das Bewusstsein für die bevorstehenden Aussterbeereignisse zu stärken und umzudenken. Sofortige Massnahmen zum Schutz der Primaten sollten auf Erhaltung und Nachhaltigkeit ausgerichtet sein (Science Advances).
Goldstumpfnasen, Kattas, Java-Plumploris oder Rotkehl-Nachtaffen - noch ist die Artenvielfalt von Primaten gross. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der tropischen Biodiversität, tragen zur natürlichen Regeneration und damit zum Funktionieren tropischer Lebensräume bei und sind integraler Bestandteil vieler Kulturen und Religionen.
Weltweit stehen über die Hälfte aller Primatenarten vor dem Aussterben. Um abschätzen zu können, wie stark der Mensch das Artsterben beeinflusst, kombinierte das Forscherteam Daten der internationalen Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN (International Union for the Conservation of Nature) mit Daten aus der Datenbank der Vereinten Nationen (United Nations).
Für die nächsten fünfzig Jahre sagen die Wissenschaftler Aussterbeereignisse vieler Arten voraus. „Der Mensch greift immer stärker in den Lebensraum der Primaten ein und beutet die natürlichen Ressourcen aus“, erklärt Christian Roos, Wissenschaftler am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) und Co-Autor der Studie.
Primaten leben meist in Regionen, in denen grosse Armut und mangelnde Bildung herrscht. Diese Bedingungen zwingen die Bevölkerung dazu, Raubbau an den Umweltressourcen zuzulassen. Umfangreiche Waldregionen werden abgeholzt und gerodet um freie Flächen zum Beispiel für Landwirtschaft nutzen zu können. Für den Transport und Export der Güter werden Strassennetze durch die Wälder gebaut.
Rund 76 Prozent der Arten haben durch Landwirtschaft grosse Teile ihrer Lebensräume verloren. Das Artensterben wird auch direkt durch illegale Jagd und Handel mit Primaten in grossem Massstab beeinflusst. In manchen Regionen sind bis zu neunzig Prozent der Arten betroffen.
Sofortmassnahmen in diesen Regionen sollten darauf ausgerichtet sein, die Gesundheit und den Zugang zu Bildung für die regionale Bevölkerung zu verbessern. Nachhaltige Flächennutzungspläne sollten entwickelt werden, um traditionelle Lebensgrundlagen zu erhalten, die zur Ernährungssicherheit und zum Umweltschutz beitragen.
„Die Lebens- und Wirtschaftsweise in den industrialisierten Ländern trägt zur Bedrohung von Primaten bei. Viele der Ressourcen und Produkte, zu deren Gewinnung Lebensräume von Primaten vernichtet werden, wie beispielsweise Bodenschätze, Rindfleisch, Palmöl und Soja, werden letztlich in den industrialisierten Ländern verbraucht“, sagt Eckhard W. Heymann, Wissenschaftler am DPZ und Co-Autor der Studie.
Das Expertenteam ruft Regierungsverantwortliche, Wissenschaftler, internationale Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, die Wirtschaft und Bürger dazu auf, das Bewusstsein für die Aussterbeereignisse zu stärken und sich der Konsequenzen für den Menschen bewusst zu werden.
„Arterhaltung ist eine ökologische, kulturelle und soziale Notwendigkeit. Wenn unsere nächsten Verwandten, die nicht-menschlichen Primaten, aussterben, ist dies ein Alarmsignal, dass sich die Lebensbedingungen auch für Menschen sehr bald dramatisch verschlechtern“, so Heymann.
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