Musikgesellschaft Wil in Hochform
Von: Hans Berger
Das Jahreskonzert der Musikgesellschaft Wil vom vergangenen Wochenende war nicht nur deshalb etwas besonderes, weil es deren letztes unter der Leitung von Albert Herzog war, sondern auch darum, weil sich das Programm von Stück zu Stück steigerte, das Publikum aber immer mit Fug und Recht annehmen konnte, soeben das Highlight des Konzertes erlebt zu haben.
Die Musikgesellschaft Wil verabschiedet ihren Dirigenten Albert Herzog mit einem dokumentierten Dankeschön
So startete die MG Wil ihr Jahreskonzert monsterhaft mit „Pokémon“, den der versierte Musiker, Komiker und Moderator Gabriel Kramer - nicht völlig zu Unrecht - malend als Hasen darstellte, was das weltweit Jung und Alt begeisternde Monster – wäre es vor Ort gewesen - bestimmt mit vehementer Entrüstung von sich gewiesen hätte. Die Interpretation der ihm zugedachten Komposition durch die MG Wil wäre jedoch gewiss schmeichelnder Balsam für Pokémons erregte Seele gewesen.
Spritzig und feurig
Während Wiener Philharmoniker ihr in alle Welt übertragenes Silvesterkonzert meist mit dem „Donauwalzer“ von Johann Strauss Sohn krönen, trumpfte die Wiler Dorfmusik bereits an zweiter Stelle ihres umfassenden Konzertprogramms damit auf. Und weil sie die Spritzigkeit der Donau beinah so perfekt wie die Wiener Philharmoniker versinnbildlichten, konnte durchaus der Eindruck entstehen, dass dies der Höhepunkt des Konzertes gewesen ist.
Aber nein, mit dem „Csardas“ von Vittoria Monti und der Violinistin Rebekka Wetzel als Solistin legte das Ensemble nochmals einen Zahn zu und versetzte danach das begeisterte Publikum mit einem Medley der prägnanten Titelmelodien der drei grossen Klassiker unter den deutschen TV-Krimi-Serien „Tatort", "Derrick" und "Ein Fall für zwei“ in „Angst und Schrecken“.
Lüpfig, zackig bis atomar
Dem Titel nach kannten von den im Saal versammelten Blasmusikfreunden vermutlich nur wenige das als Hymne geltende Walliser Lied, als aber die MG Wil den darauf basierenden, von Jean Daetwyler komponierten, zum mitklatschen einladenden „Marignan Marsch“ spielte, war es ihnen gar nicht mehr so fremd wie zuvor gedacht.
Die Stepptanzformation "Lord of the Dance" hat hierzulande das Bild vom irischen Volkstanz geprägt, mit dem allerdings das mit Trommel, Piccolo, Querflöte, Klarinette und Violine eröffnete „Dublin Dances“ wenig am Hut hatte, weil anfänglich die Schönheit der grünen Insel im Zentrum der Komposition von Jan van der Roost stand. Doch plötzlich suggerierte das temperamentvoll spielende Orchester die Bilder von den steifen Oberkörpern, den blitzschnell zuckenden Beinen und den graziösen Figuren der Irischen Tänzerinnen und Tänzer.
Georg Doughtys Grossvater muss wohl bereits im 19. Jahrhundert eine Atomuhr besessen haben, ansonsten hätte dessen Uhr wohl kaum so präzise in „hundertstel“ Sekunden getickt wie dies Marcel Christen auf seinem Euphonium mit „Grandfather’s Clock“ zu Gehör brachte.
Highlight
Und einmal mehr unterlag das Publikum einem grossen Irrtum, wenn es annahm, dass das Orchester mit Grossvaters Uhr seinen Zenit erreicht hatte. Denn mit „Limelight“ und den beiden Solisten Rebekka Wetzel (Violine) und dem Dirigenten Albert Herzog (Posaune) vermochte die Blasmusik die vorangegangenen Topleistungen nochmals zu toppen.
Dem das Stück gewidmete körperliche kleine, ansonsten aber grosse Mann, dessen charakteristische Merkmale ein kleines Bärtchen, übergrosse Schuhe, eine enge Jacke, Melone und Stock sind, wäre von dem Vortrag bestimmt genauso hell begeistert gewesen wie das Publikum in der Mehrzweckhalle von Wil.
Grosses Finale
Den bunten Reigen des abwechslungsreichen Jahreskonzerts schloss die Musikgesellschaft Wil mit einem Medley einiger der grossen Hits des im Dezember 2007 verstorbenen, englischen Popmusikers Les Humphries.
Den mit frenetischem Applaus untermauerten Wunsch nach Zugabe erfüllte die Musikgesellschaft Wil mit „Tulpen aus Amsterdam“ und „Fantasy on a Hebrew Volk song“, eine Variation des hebräischen Volksliedes „Hava Nagila“, in der Moderator Gabriel Kramer auch als Musiker zum Zuge kam.
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