Sichtbares und Imaginäres im Museum Rehmann
Von: Hans Berger
Zur Vermeidung, dass ein meteorologisch so trüber Tag wie gestern einem selber trübsinnig werden lässt, kann dieser Gefährdung ein Besuch der aktuellen Ausstellung „Sichtbares und Imaginäres“ im Museum Rehmann entgegenwirken. Allein die zu gewinnende Erkenntnis, respektive das Eingeständnis, dass sichtbares nicht immer sichtbar ist, vermag den trüben Himmel zu erhellen.
Sichtbares und Imaginäres im Museum Rehmann
Umgekehrt ist aber auch Imaginäres nicht zwingend fiktiv, sondern kann für jene, die Antoine de Saint-Exupérys Erkenntnis „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ zustimmen, durchaus real sein. Denn, wenn erdachtes nicht sichtbar gemacht werden könnte, würde die Menschheit noch heute in Höhlen wohnen und sich mit Fellen vor der Kälte schützen. Jeder Fortschritt wurzelt in der Phantasie, im Imaginären.
Vortritt
Ja, wer in der Kunst etwas entdecken will, kommt nicht umhin, der Phantasie freien Lauf zu lassen und ab und an Augen und Verstand hintenanzustellen und stattdessen dem Herzen oder Bauch den Vortritt zu gewähren, um so zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.
Dies fordert schon beim Betreten vom Museum Rehmann die Künstlerin Bettina Diel mit ihren Installationen in den beiden Kunst-Schau-Fenstern. Da sie ohne Titel sind ist es hier besonders reizvoll, das Imaginäre entdecken zu wollen. Der in unmittelbarer Nähe stehende, geteilte und enthäutete Kopf von René Odermatt zeigt hingegen eindeutig, dass das in der heutigen Zeit zu schnell als Imaginär eingestufte Unsichtware eben doch reell sein kann.
Trügerisch
Braucht es dafür noch einen weiteren Beweis, so liefert diesen wenige Schritte entfernt Andreas Hofer mit seinen wie in einer Hängemappenbox so eng eingereihten „Kartonscherenschnitten“, dass die Betrachter „vor lauter Wald die Bäume nicht mehr sehen können“. Was imaginär scheint, ist eben auch hier existent. Den beiden scheinbaren Gegensätzen kann ebenso in den Modellen vom Kunstmuseum Appenzell wie desgleichen jenen vom Museum Rehmann nachgegangen werden.
Reise zum Mittelpunkt
Zum Schmunzeln lädt auf den ersten Blick Judit Villiger mit ihren geistvoll, witzig platzierten Miniaturskulpturen ein. Wenn Betrachter nun meinen, das eine oder andere Werk schon irgendwo mal gesehen zu haben, so liegen sie damit richtig. Denn alle diese Miniaturen sind Imitationen von berühmten Plastiken. Der Einladung zur Reise zum Mittelpunkt der Erde vermag wohl auch niemand zu widerstehen.
„Weder noch“
Im Zentrum der Ausstellung im ersten Stock stehen Entwürfe und Modelle des Hausherrn. Dort ist es besonders spannend zu verfolgen, wie Erwin Rehmann einst Imaginäres sichtbar machen und mit einem entsprechenden Auftrag gar gross werden lassen konnte. Es ist aber auch sichtbar, dass er mit manchen grossen, im Kleinformat akribisch visualisierten Ideen alleingelassen wurde. Erwin Rehmanns innerste Emotionen bei einer Zu- oder Absage waren vermutlich nicht sichtbar und schon gar nicht imaginär.
Auslaufmodell
„Gibt es da denn auch etwas Imaginäres?“ könnten sich sinnierende Besucher fragen, wenn sie vor Daniel Waldners Sandkasten stehen und dabei befürchten, sein filigran erarbeitetes Kernkraftwerk mit einem falschen Schritt oder Hustenanfall zerstören zu können. Tröstlich ist, dass gegebenenfalls der Menschheit dann ein alles zerstörender Gau erspart bliebe. Umgekehrt wäre dieser alles andere wie imaginär, weshalb der Künstler wohl seinem Werk den Namen „Auslaufmodell“ gegeben hat.
Anmerkung: Die ausführliche Fotoreportage verschafft lediglich einen Eindruck der Ausstellung, ersetzt jedoch nicht deren Besuch, da die Fotos weder die Intensität, noch die Farben und Perspektiven der Werke zu wiedergeben vermögen.
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