Facettenreiche Krippenausstellung in Laufenburg
Von: Hans Berger
In keinem anderen Bereich der Volkskunst gibt es vermutlich eine derartig breit gestreute Weiterentwicklung wie in der Weihnachtskrippe, welche sicherlich zur besonderen Lebendigkeit dieses Zweiges der religiösen Volkskunst beigetragen hat, wie dies vor allem in den letzten Jahrzehnten zu beobachten war. Nichts scheint unmöglich zu sein - egal, ob mit heimatlichem oder orientalischem Umfeld, ob aus Holz, Ton, Metall oder gar Kunststoff gefertigt - erlaubt ist, was gefällt. Von dieser Vielfältigkeit zeugte vergangenen Samstag und Sonntag die eindrückliche Krippenausstellung im Kirchgemeindesaal der Ref. Kirche Laufenburg (siehe ausführliche Fotoreportage).
Facettenreiche Krippenausstellung im Ref. Gemeindesaal in Laufenburg
Der geistige Hintergrund der Weihnachtsgeschichte war, wie die meisten religiösen Darstellungen, das Heilsgeschehen der des Lesens unkundigen Bevölkerung in besonderer Weise näher zu bringen. Zwar wurde die Geburt von Jesus schon immer auf den Altären gezeigt, als Begründer der sinnfälligen Darstellung des Weihnachtsgeschehens gilt jedoch, wie von Pfarrer Norbert Plumhof bei der Eröffnung zu erfahren war, der hl. Franz von Assisi, 1181/82 bis 1226).
In der italienischen Gemeinde Greccio hatte er drei Jahre vor seinem Tod seiner Zuhörerschaft das Weihnachtsgeschehen anstelle einer Predigt mit lebenden Tieren und Menschen näher gebracht.
Krippenverbot
Die erste Nennung einer „richtigen“ Weihnachtskrippe allerdings ist die im Jahr 1562 von Jesuiten in Prag aufgestellte Weihnachtsdarstellung. Kurze Zeit später bereits wurde das Aufstellen von Krippen zur Weihnachtszeit zur Prestigesache. Das führte allerdings zu so wilden Auswüchsen, dass Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) und ihr Sohn Kaiser Josef II (1741-1790) Weihnachtskrippen verboten und aus allen Kirchen und öffentlichen Gebäuden verbannten. Auch die private Krippe war nicht gestattet, wurde jedoch nicht wissentlich bestraft.
Stillschweigen
Sowohl im Lukas- 2,1–7 EU wie auch im Matthäusevangelium 2,13–23 EU ist die Geburt des Gottessohnes relativ trocken beschrieben, dies ist vermutlich aber auch der Grund für die vielfältigen Gemälde- und Krippendarstellungen. Stand anfänglich nur das Jesuskind im Zentrum, gestellten sich sukzessive Maria und Joseph, die Hirten, die drei Könige, der Engel, Schafe, Ochse Esel und Hund dazu.
Zu faszinieren vermögen die Krippen trotz Säkularisierung auch heute noch. Und wohl nie wird der Armut soviel Respekt gezollt wie vor einer Krippe. Ist es der Werdegang dieses Kindes, ist es die Wärme suggerierende Krippe, ist es die Huldigung eines unscheinbaren Wesens, sind es Kindheitserinnerungen oder ist es einfach nur das Drumherum, was die Bezauberung auslöst und die Menschen antreibt, immer wieder aufs Neue Krippen zu bauen? Fragen, die kaum beantwortet werden, weil die dafür zuständigen Instanzen - die Intuition, das Bauchgefühl - jegliche Auskunft verweigern.
Was bringt’s?
Kinder jedenfalls fragen sich nicht wie Erwachsene und kümmern sich auch nicht drum, aus welchem Material die Figuren und der Stall hergestellt wurden, wie alt oder wie wertvoll sie sind. Sie begegnen den dargestellten Menschen und Tieren mit wachen Sinnen, versuchen herauszufinden, ob Maria eher besorgt oder froh ausschaut, wen das Jesuskind anlacht, ob die Hirten frieren und was sie wohl zu essen haben, ob das kleine Lamm sich vor dem Ochsen fürchtet und warum der Engel auf dem Dach sitzt.
Mit der Zeit kennen sie die Anwesenden, machen sich mehr und mehr mit der Szene vertraut und finden ihren eigenen Platz darin: Wenn es erlaubt ist, greifen sie nach ihrer Figur und verleihen ihr Leben. Sie laufen mit ihr, sprechen und handeln für sie, ja verwandeln sich in sie.
Erwachsene können höchst selten noch so spielen wie Kinder. Und dennoch tut es ihnen oft gut, die Distanz zur Krippe aufzugeben und in das weihnachtliche Geschehen einzutreten. Viele Krippendarstellungen laden dazu ein. Auch die Weihnachtserzählung selbst ist so schlicht, dass sie viel Raum lässt für die eigene Fantasie: Was ist in dieser Nacht wohl genau passiert? Was fasziniert mich jetzt gerade an dieser Geschichte? Wo zieht es mich hin? Wo ist mein Platz in diesem Spiel?
Wer sich mit der Offenheit eines Kindes darauf einlässt, kann sich im Inneren berühren lassen und selbst wieder mehr Mensch werden. Die zentrale Botschaft der Geschichte „Friede auf Erden“ gilt für alle Menschen, egal ob nun gläubig oder ungläubig.
Idealismus?
Wenn zur selben Zeit wie im Kirchgemeindesaal in Laufenburg bei der Eröffnung der Krippenausstellung alle Menschen in die Lieder „Still, still, still, weil's Kindlein schlafen will!“ „Seht, die gute Zeit ist nah“ eingestimmt und alle die Einladung „Kommet, ihr Hirten, ihr Männer und Frau'n“ ausgesprochen hätten, dann wäre, zumindest für kurze Zeit, der ersehnt Weltfriede ausgebrochen und der Hunger der Hungernden gestillt worden.
Ja, zugegeben, das ist Idealismus pur. Der ungarische Komponist meinte diesbezüglich aber: „Nichts Edles kann geschehen, kein hohes Werk vollführt, kein Bund geschlossen und bewahrt werden als auf dem geweihten Boden des Idealen.“ Weihnachtskrippen vermögen hie und da diesen Idealismus zu wecken - und das ist gut so.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»