Kaiseraugster Fasnacht mit Folgen?
Von: Hans Berger
Gemessen an den Überflügen des Kaiseraugster Fasnachtsumzuges vom vergangenen Samstag der beiden auf dem Kirchturm und dem Restaurant Adler thronenden Störche muss davon ausgegangen werden, dass die Geburtenrate in neun Monaten ausserordentlich hoch sein muss. Insofern wäre das Motto des Komitees „Alles im Umbruch“ zeitlich gesehen dreidimensional (gestern, heute, morgen) zu verstehen.
Mag in Kaiseraugst auch vieles im Umbruch sein, die Fasnächtler blieben ihrer Tradition jedoch treu. Und wie seit der Vorverlegung des Fasnachtsumzuges im Jahre 2010 vom Sonntag auf den Samstag säumten auch heuer wieder viele Zivilisten die Narrenroute zwischen Altersheim und Schulhausplatz.
Konfettiplausch
Drollig die kleinen, zierlichen Prinzessinnen, die draufgängerischen Cowboys, die schnuckeligen Mäuschen und Kätzchen, wie sie vor Umzugsstart die noch spärlich am Boden liegenden Konfettis einsammelten, um sie danach mit listiger Freude Mami oder Papi anzuwerfen. Diese wiederum wärmten sich gerne mit einer Gratis-Mählsuppe auf oder nutzten die unterschiedlichen Angebote der Imbissstände zur Besänftigung des knurrenden Magens.
Verpflichtung
Wenig beeindruckt vom Grossaufmarsch zeigten sich anfänglich die beiden Dorfstörche, jedenfalls richteten sie ihren Blick selten Richtung Dorfstrasse als vielmehr dem Rhein zu, wo sie hofften, einen Happen erhaschen zu können. Erst als der Trubel losging, entsannen sie sich offenbar ihrer Verpflichtung, für den Erhalt der Menschenrasse zu sorgen. Wie erfolgreich sie waren erweist sich, wie bereits erwähnt, in rund neun Monaten.
Erfolgreiches Comeback
Verständlich, dass angesichts dieser Perspektive die den Umzug anführenden „Quer und Chrüz-Fäger“ völlig entgeistert proklamierten „Mir starte duure“. Da hatten die Gestiefelten Kater der Grosschadtchnulleri die Situation schon besser im Griff, verständlich, denn schliesslich haben sie ja - wenn auch vor langer, langer Zeit - mit ihrer hintertriebenen Schlauheit einen Müllersohn zum Grafen gemacht. Und wie damals verstanden sie es, nach ihrem Comeback das Volk zum Jubeln zu bringen, wovon allerdings dann auch die nachziehenden Cliquen und Schissdräckzügli profitierten.
Kälteschlacht
Die gefühlte sibirische Kälte kapitulierte für kurze Zeit, als die Kindergugge „Höllä Brätscher“ auftauchte und ihr mit heissem Sound höllisch einheizte. Auch gegenüber dem Gegacker der Waldhäxe zeigte sie noch Respekt, die Trommler und Pfeifer wie desgleichen die Waggis aus Pratteln vermochten ihr hingegen nicht mehr die Stirn zu bieten und so wurde es wieder bitterkalt.
Fake News
Eine wundersame Vermehrung war auf den ersten Blick bei der einst grössten, inzwischen arg geschrumpften Kaiseraugster Fasnachtsgesellschaft, den „Dolebutzer“ zu erkennen. Beim näheren Hingucken offenbarte sich dann allerdings, dass das, was sie unter dem Motto „aus einem mach drei“ vorgaben, eine waschechte Fake News war. Die Outdoor-Fasnacht schloss mit einem Monster-Konzert aller am Umzug beteiligten Guggenmusiken.
Beizenfasnacht
Die Gliedmassen waren zwischenzeitlich durchfroren. Rein in die „gute Stube“, hiess daher die einmütige Devise der Fasnachtsfreunde, womit die redimensionierte Beizenfasnacht ihren Anfang nahm.
Grosses Finale
Dies war allerdings nur der zweite Streich, der Dritte folgte, ganz der Kaiseraugster Fasnachtstradition verpflichtend, gestern Montagabend mit dem grossen Finale in der Mehrzweckhalle im Dorf. Eine bunte, närrische Show, welche sich hinter der berühmten TV-Karnevalssitzung in Köln und Mainz nicht zu verstecken braucht. Wie dort, stammen auch in Kaiseraugst alle Akteure aus dem Dorf oder der Region.
Während bei der Beizentour der Schnitzelbänkler aufgrund eines oft zu undisziplinierten Publikums nicht alle Verse verstanden werden, bekommen sie im grossen Finale dessen ganze Aufmerksamkeit geschenkt.
Schnitzelbänkler Sabrena monierte unter anderem den „Selfiewahn“, die Fake News des Donald Trump, die gescheiterte AHV-Reform. Die „Waldhäxe“ wiederum konstatierten, dass sie nur aufgrund ihres Gewichtes vom Orkan Burglinde nicht in ferne Länder getrieben wurden. Gut, dass dem so ist, denn ansonsten hätten sie dem Gemeinderat ihr ausgeklügeltes Grünmulden-, Rheinschwimm- oder Alternativpostkonzept nicht vorstellen können. Aufgrund der frenetischen Unterstützung seitens des Publikums konnten die Kaiseraugster Exekutivmitglieder trotz grössten Bedenken, wie ihre arg gefurchteten Stirnen verrieten, den Vorschlägen der Hexen Folge leisten.
Die erotischen Chaipirinhas schonten zwar den Gemeinderat, deckten aber schonungslos manche Ungereimtheiten im Dorfleben und der Bundespolitik auf. Das Schnitzelbank-Duo „Deux Pièces“ verwendete für seine örtlichen, nationalen und internationalen philosophischen Betrachtungen grosse Hits und begeisterte das Publikum genauso wie der oft aus dem Stegreif dichtende Bänkler „Stägefässler“.
Zu den musikalischen Absahnern gehörte die Kaiseraugster Kindergugge Höllä Brätscher, die aus Ryburg eingeflogenen Tambouren-Grossadmirale, die aus Pratteln angereisten CB Schnooger. Geehrt für ihr zehnjähriges Bestehen wurde das Fasnachts-Sextett „Flickwärk“, welches den Saal in alter Manier zum Toben brachte wie ihn zum Abschluss des rund vierstündigen Programms die Grossschtadtchnulleri zum rocken.
Weitere Streiche
Doch damit nicht genug - der vierte Streich der Kaiseraugster Fasnacht erfolgt heute ab 14 Uhr mit dem Kindermaskenball in der Mehrzweckhalle im Dorf und der fünfte und letzte Streich am Mittwochabend ab 19 Uhr mit dem Fasnachtsfeuer auf und am Rhein bei der Fähre.
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