MG Kaiseraugst in den „fünf“ Elementen
Von: Hans Berger
Anlässlich ihres Jahreskonzertes vom vergangenen Samstag widmete sich die Musikgesellschaft Kaiseraugst unter der letztmaligen Leitung von Mischa T. Meyer den vier Grundelementen Feuer, Erde, Wasser, Luft und fügte dem Quartett – quasi als Tüpfchen auf dem i - die Musik als fünftes Element dazu. Denn wie die Dorfmusik im Laufe ihres gehobenen Konzertes bewusst machte, ist aus allen von Menschen erschaffenen Künsten die Musik wahrscheinlich die am wenigsten greifbare. Die subtile Mischung aus Klang und Stille, aus Vorschrift und Interpretation, aus erfüllter Erwartung und Überraschung berührt die Herzen, lässt träumen und bringt oft unerwartete Emotionen hervor.
MG Kaiseraugst in den „fünf“ Elementen
Die Kontraste von Feuer und Eis zelebrierte die Musikgesellschaft Kaiseraugst bei der Eröffnung ihres Jahreskonzertes eindrücklich und brach mit dem symphonischen, rockigen, wirkungsvollen Stück des österreichischen Komponisten Otto M. Schwarz auf Anhieb das Eis.
Rehabilitation
Die grösste Leistung der MG Kaiseraugst am Jahreskonzert war gewiss die Rehabilitation der „Bremer Stadtmusikanten“ als die unmusikalischste Musikformation aller Zeiten. Es ist daher anzunehmen, dass wenn jemand der Konzertbesucher jemals in Bremen vor dem Esel, dem Hund, der Katze und dem Hahn steht, sie / er sich vor lauter Ehrfurcht tief vor ihnen verneigen und sich bei ihnen für deren bis zum 21. April 2018 andauernde Verhöhnung entschuldigen wird.
Wer allerdings der Märchenerzählerin und Moderatorin Eliane Stocker aufmerksam lauschte, dem konnte nicht entgangen sein, dass die vier angehenden Bremer Stadtmusikanten mit ihrer Musik eine hartgesottene Räuberbande vertreiben konnte. Demnach muss davon ausgegangen werden, dass die MG Kaiseraugst die Disharmonien des Quartettes unter einen Hut gebracht und somit deren Musik beschönigt hat, womit sich der Knicks in Bremen zu Gunsten der Kaiseraugster Dorfmusik erübrigt hätte.
Denn im Unterschied zum Bremer Quartett hat die Kaiseraugster Band erkannt, dass es die Nuancen sind, welcher der Musik das gewisse Etwas verleihen. Sie war gemeinsam mit der Erzählerin die lebendige Tonspur und Hauptdarsteller des Märchens und erzeugte in rund 35 Minuten ein magisches, einzigartiges Flair, das die erzählerischen, expressiven und kommunikativen Aspekte der Geschichte eng miteinander verknüpfte.
Diamantene Hochzeit
Nach der Ehrung von Niklaus Schmid für seine sechzigjährige Mitgliedschaft - was der diamantenen Hochzeit gleichkommt - durch den Präsidenten der MG Kaiseraugst, Peter Schmid, und dem Marsch „Malojawind“ eröffnete das Blasorchester den zweiten Teil des Konzertes offiziell mit einem fernen Snaredrum-Beat. Die Trompeten traten leise in die Melodie ein, und mit jedem neuen melodischen Eingang wuchs und steigerte sich die Musik bis zum phänomenalen Ende des Konzertmarsches „Flying Colors“ des englischen Komponisten Robert Buckley.
Die Zustände von Wasser
Physikalisch gesehen sind das die verschiedenen Aggregatzustände von Wasser: Als Eis nimmt es einen festen, als Wasser einen flüssigen und als Wasserdampf einen gasförmigen Zustand ein. Chemisch bleibt der Stoff derselbe – es ändern sich nur die physikalischen Bedingungen und damit der Aggregatzustand.
Soweit so gut. Aber wie lassen sich die Unterschiede zwischen diesen drei Zuständen musikalisch beschreiben? Eine echte Herausforderung für die Musikantinnen und Musikanten, welche in Kaiseraugst jedoch die Aufgabe mit der Dissertation „The states of water“ meisterlich meisterten und dafür vom begeisterten Publikum mit einem „summa cum laude“ ausgezeichnet wurden. Wofür sie sich mit dem Johann Strauss Walzer „An der schönen blauen Donau“ bedankten.
Mittendrinn
Der Kyrill war ein Orkan, der am 18./19. Januar 2007 das öffentliche Leben in weiten Teilen Europas beeinträchtigte und in Böen Windgeschwindigkeiten bis zu 225 km/h erreichte. Weil, wie eingangs erwähnt, die Musik kaum greifbar ist, kann die musikalische Nacherzählung der Dorfmusik nicht nacherzählt werden. Nur soviel: das Plenum in Kaiseraugst fühlte sich wohl mittendrin im Orkan „Kyrill“, obwohl er seinerzeit an der Schweiz vorüberzog.
Korrigenda
Genau so müssen die Bremer Stadtmusikanten musiziert haben, dachten wohl einige Zuhörerinnen und Zuhörer, als das Orchester ohne ihren Dirigenten Mischa T. Meyer, welcher nach zehnjähriger Stabsführung weiterzieht, mit dem „Blue Danube Rag“ startete. Kaum war der Maestro an seinem angestammten Platz, hatte er das Chaos im Griff und widerlegte Strauss`Donauhymne mit deren humorvollen Variante im Ragtime-Stil „Alle sind blau, nur die Donau nicht“.
Kampfposaunen
Vermutlich um dem Motto des Jahreskonzertes „vier“ treu zu bleiben, kündigte die charmant, souverän und humorvoll durchs Programm führende Moderatorin Eliane Stocker ein Posaunenquartett an, obwohl es deren fünf Posaunisten waren, die sich mit „Fighting Trombones“ einen rasanten Positionskampf lieferten, jedoch mit einem Unentschieden ausging. Weshalb das Publikum vermutlich eine Wiederholung forderte. Das Resultat jedoch blieb dasselbe. Daran änderte auch die Rockballade der Scorpions „Wind of Change“ nichts.
Finale
Ein Novum in der Blasmusik ist gewiss, wenn sich eine solche an ein kaum in Noten zu fassendes Stück wie „Fire“ des US-amerikanischen Gitarristen, Komponisten Sänger und Rocklegende Jimi Hendrix wagt, welcher wegen seiner experimentellen und innovativen Spielweise auf der E-Gitarre als einer der bedeutendsten Gitarristen gilt.
Die MG Kaiseraugst hatte den Mut, ihr Konzert damit offiziell zu beenden. Die frenetisch geforderten Zugaben quittierte die Dorfmusik mit „Happy“ und ehrte abschliessend mit dem „Meinrad Schmid-Marsch“ ihren einstigen charismatischen, umsichtigen Dirigenten und Kaiseraugster Gemeindeammann.
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