Jodlermesse in Kaiseraugst
Von: Pfarrer Andreas Fischer, Kaiseraugst
Godi und Pia Felder waren fünfzehn Jahre lang Sigristen im reformierten Kirchgemeindehaus Kaiseraugst. Nun gehen sie in ihren zweiten Ruhestand. Im Gottesdienst vom kommenden Sonntag, 12. Februar, um zehn Uhr wird der Jodlerklub Laufenburg-Rheinfelden zu Ehren des scheidenden Sigristenehepaars die Jodlermesse von Jost Marty zur Aufführung bringen.
Godi und Pia Felder heute
«Packen wir’s an!»
Porträt des langjährigen Kaiseraugster Sigristen Godi Felder
Die Kette des Fahrrads hinter dem Pfarrhaus, sagt er gleich zu Beginn des Gesprächs, müsse endlich geölt werden. Und ich solle bitte meinen Schreibblock weglegen, das Interview dauere sowieso nicht länger als fünf Minuten. Es dauerte dann doch etwas länger, der Schreibblock hat seine Verwendung gefunden.
Beim Kafi, den wir in den anderthalb Jahren unserer Zusammenarbeit oft um zehn Uhr im Kirchgemeindehaus gemeinsam getrunken haben, beginnt Godi Felder zu erzählen.
Er wuchs als Bauernbub auf, als eines von sieben Kindern. Die Geschwister machten Lehren als Käser, Metzger, oder, wie er selber, als Bauer. Den Hof konnte aber nur einer übernehmen. Also heuerte Godi Felder als Chauffeur bei der ESSO an, der Slogan der Firma: «Es gibt viel zu tun, packen wir’s an», war dabei nicht ausschlaggebend. Es sei aber, sagt Godi Felder, der beste Werbespruch, den es je gab, und er passe auch zu seiner eigenen Person.
Nach der Lehre wäre Godi Felder gern ins Welschland gegangen, um Französisch zu lernen. Doch er hatte keine Wahl, der Hof brauchte seine Hilfe. Im Militär wurde er Kavallerist, jedes Wochenende nahm er mit seinem Pferd an einer Springkonkurrenz teil, «wir waren ein gutes Team», sogar den späteren Olympiamedaillengewinner Willi Melliger schlugen sie.
Heute noch, sagt Godi Felder, schaue er im Fernsehen gern Reiten. Und ausserdem Schwingen. Bei diesen Sportarten gebe es, im Gegensatz zum Fussball, keinen Bschiss, «wenn einer auf dem Rücken liegt, dann liegt er auf dem Rücken, und wenn ein Hindernis runterfällt, dann fällt es runter».
Mit fünfundzwanzig lernte er, an einem Jodlerabend, Pia kennen. Sie forderte ihn zum Tanz auf, und seither, sagt Godi Felder lachend, komme er nicht mehr von ihr los. Beruflich absolvierte er bald darauf in Eigeninitiative Abendkurse in Buchhaltung und Disposition und wurde Depotspringer. Sechs Jahre lang räufelte er durch die Deutschschweiz, dann, als die Kinder zur Welt kamen, fand er betriebsintern eine Stelle in Basel und wurde mit seiner Familie im Rheinfelder Augarten heimisch.
Selber denken
33 Jahre war Godi Felder bei der ESSO tätig, dann wurde das Lager in Basel abgerissen und er, 58-jährig, frühpensioniert. Doch er fühlte sich «viel zu jung, um nichts mehr zu machen, damals», sagt er, «tat der Rücken noch nicht weh». Er sah das Inserat der Kirchgemeinde Kirchgemeinde: Sigrist gesucht. Seit fünfzehn Jahren macht er diesen Job nun, gemeinsam mit seiner Frau Pia. Viele Dinge, die wesentlich zum Kirchgemeindehaus gehören, das Gerätehäuschen, der Schwibbogen, die Krippe, das Kreuz, hat Godi Felder, dessen Traumberuf Schreiner gewesen wäre, selber gesägt.
Doch damit, sagt er, sei nicht alles gesagt. Auch wenn es mir, der, journalistisch korrekt, nur ihn porträtieren wolle, nicht passe – dies müsse auch erwähnt werden: Pia habe die Putzarbeit praktisch im Alleingang bewältigt, und die wunderbaren Blumengestecke seien allein ihr zu verdanken gewesen.
Im Rückblick auf all die Jahre lobt Godi Felder das gute Klima, der Kontakt mit den Gemeindegliedern habe sein Leben bereichert, die Zusammenarbeit mit meinen Vorgängerinnen, Esther Borer und Beatrice Gyssler, sei wunderbar gewesen, und mit mir sei er eigentlich auch zufrieden – nur dass ich seinen Kaffee verschmähe und immer meine eigene Tasse mitbringe, das passe ihm nicht. Die Arbeit habe seinem Naturell entsprochen, «man konnte Hände und Kopf gebrauchen, und man war sein eigener Chef». Stets galt es, «selber zu denken», sagt er im Anklang an einen Slogan der Reformierten.
Dass er katholisch ist, war nie ein Thema, weder für den Arbeitgeber noch für ihn selber, für ihn waren die Predigtgottesdienste immer inspirierend. Er werde auch nach seinem Abgang manchmal hier auftauchen, verspricht er, doch es sei endgültig Zeit, den Job an den Nagel zu hängen, «der Körper macht einfach nicht mehr mit». Er werde alles daran setzen, dass seine Nachfolgerin einen guten Start habe, werde sie in die diversen Aufgaben einführen, alle Arbeitsabläufe habe er in einem blauen Ordner sorgfältig beschrieben.
Der letzte Karriereschritt: S’ Chämi duruf
Ganz zur Ruhe mag Godi Felder sich aber nicht setzen. Dem Rotkreuz-Fahrdienst stehe er zur Verfügung, bis er das Billet abgeben müsse. Und den Pfarrhausgarten werde er kritisch im Blick behalten. Und die rostige Fahrradkette auch.
«Godi, was macht ein erfülltes Leben aus», frage ich.
«Das Umfeld muss stimmen», lautet die Antwort, «schau, dass du finanziell unabhängig bleibst, und auch wenn du genug Geld hast, darfst du nicht rumhocken und nichts machen. Das tut dir nicht gut. Ob du Karriere machst, ist nicht wichtig.»
Seine eigene Karriere, fügt er hinzu, befinde sich im Vergleich zu der seiner Ahnen im Sinkflug. Der Grossonkel war noch ein veritabler Bischof, der Onkel ein Priester – und er selbst, immerhin, Sigrist bei den Reformierten. Einen Aufstieg aber habe er noch vor sich, sagt Godi Felder mit dem ihm eigenen rustikalen Humor: Den s Chämi duruf. Den Platz für die Urne auf dem Gemeinschaftsgrab habe er schon organisiert.
Zum Gottesdienst mit Jodlermesse, Abendmahl und anschliessendem Apero vom kommenden Sonntag lädt all jene die kommen wollen herzlich ein: Pfarrer Andreas Fischer sowie das Sigiristenpaar Godi und Pia Felder.
Andreas Fischer, reformierter Pfarrer in Kaiseraugst
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»