Schweizer Jugend ist pragmatisch und lebensnah
Von: mm/f24.ch
Im Herbst 2015 kann eine neue Generation von Bürgerinnen und Bürgern zum ersten Mal an den eidgenössischen Wahlen teilnehmen. Die Eidg. Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) wollte die Meinung der Jugendlichen ergründen, unabhängig davon, ob sie wahlberechtigt sind oder nicht. Wie denken sie über die wichtigsten sozialpolitischen Herausforderungen? Vertreten sie andere Meinungen als frühere Generationen? Bilden sie eine einheitliche Gruppe?
Diese Fragen standen im Zentrum einer erstmals durchgeführten nationalen Befragung, welche die EKKJ in Auftrag gegeben hat. Das Interesse der Jugendlichen an der Befragung war ausgesprochen gross. In den Antworten zeichnet sich eine interessierte, pragmatische Generation ab, die keineswegs homogen ist. Mit dem gestern veröffentlichten Bericht (Kurzfassung) „Ich und meine Schweiz“ kann das eigene Bild der heutigen Jugendlichen mit den ermittelten Fakten verglichen werden.
Den Jugendlichen wird nachgesagt, dass sie sich kaum für Politik interessierten. Dennoch haben von den 2‘990 Kontaktierten deren1‘990 Jugendliche mit Jahrgang 1997 an der Befragung teilgenommen. Diese sehr hohe Rücklaufquote von 66 % (Spitzenreiter ist das Tessin mit 78 %) und zahlreiche spontane Kommentare beweisen das Gegenteil.
Die 17-Jährigen wollen sich aktiv einbringen! Und viele von ihnen können sich zu einer breiten Palette aktueller politischer Fragen kompetent äussern. Der Forschungsbericht enthält eine detaillierte Analyse der Resultate. Die Broschüre «Ich und meine Schweiz» fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Keine Kluft zwischen den Generationen
In vielen Fragen denkt die Mehrheit der Jugendlichen wie frühere Generationen. Bei politischen und gesellschaftlichen Themen gibt es keine Kluft zwischen den Generationen.
Die Jugendlichen sind mit der Schweiz sehr verbunden, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Sie vertrauen den Institutionen (Schule, Bundesrat, Polizei). 91 % unter ihnen sind überzeugt, die Ausbildung absolvieren zu können, die sie sich wünschen.
Pragmatisch und lebensnah wie sie sind, erwarten über 80% der Jugendlichen, dass man in der Schule auch für das spätere Leben lernt: z.B. den Umgang mit Geld oder Chancen und Risiken der neuen Medien. Sexualkunde in der Primarschule befürworten 59 % der Jugendlichen.
Keine einheitliche Gruppe
Das auf den ersten Blick glatte und einheitliche Bild bestätigt sich bei genauerem Hinsehen nicht in allen Bereichen. Junge Frauen und Männer sind nicht gleicher Meinung, was die Aufteilung der künftigen familiären Aufgaben anbelangt.
29 % der Männer wollen am traditionellen Modell festhalten, das heisst der Mann arbeitet Vollzeit und die Frau kümmert sich um die Kinder und den Haushalt. Nur 15 % der jungen Frauen teilen diese Ansicht. Die jungen Frauen hingegen befürworten die Teilzeitarbeit für Frauen und Männer. Diesen Unterschieden gilt es im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und den Fachkräftemangel Rechnung zu tragen.
Bei vielen Themen (z. B. EU-Beitritt oder Ausländerfrage) ist der Röstigraben verschwunden. Jedoch sind die Tessiner Jugendlichen in einigen Punkten unterschiedlicher Meinung. Sie betrachten die Arbeitslosigkeit klar als wichtigstes Problem der Schweiz. Bei den deutsch- und französischsprachigen Jugendlichen sind es die Themen Migration und Asyl. 37 % der Tessiner Jugendlichen sprechen sich zudem dafür aus, der einheimischen Bevölkerung bessere Chancen einzuräumen als der ausländischen.
Zwiespältiges Verhältnis zu Europa
In einem EU-Land leben und arbeiten, ja gern. EU-Beitritt, nein danke! 77 % der 17-Jährigen sind gegen einen EU-Beitritt, 62 % finden aber die Personenfreizügigkeit eine gute Sache für die Schweiz.
In Bezug auf die ausländische Bevölkerung vertreten die Jugendlichen eine gemässigte Meinung und bringen das Thema Immigration weniger oft mit Kriminalität in Verbindung als der Rest der Bevölkerung. Die Jugendlichen sind jedoch in Bezug auf die Chancengleichheit zwischen der Schweizer und der ausländischen Bevölkerung geteilter Meinung. Hier zeigen sich klare Unterschiede zwischen Sprachregionen, Geschlecht und Nationalität.
An Politik interessiert und offen für einen Dienst an der Allgemeinheit
Entgegen der verbreiteten Meinung, Jugendliche würden sich nicht für Politik interessieren, gaben 50 % der Jugendlichen an, sich für Politik zu interessieren, und für 74 % der Befragten gehören Diskussionen zu aktuellen politischen Themen in den Schulunterricht.
Während die Herabsetzung des Stimm- und Wahlrechtsalters auf 16 oder 17 Jahre kaum Zustimmung erhält, wollen zwei Drittel der Schweizer Jugendlichen an den Wahlen im Herbst teilnehmen.
Ausbildung, Beruf, Partnerschaft, Familie und Freizeit haben bei den 17-Jährigen einen hohen Stellenwert, dennoch sind sie einem gesellschaftlichen Engagement gegenüber offen. Die heutige Wehrpflicht wird nicht in Frage gestellt. 50 % der Befragten könnten sich vorstellen, anstatt des Wehrdienstes einen Dienst an der Allgemeinheit zu verrichten, bei dem sie sich in den Bereichen Landesverteidigung, Gesundheit, Soziales oder Umwelt engagieren können.
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