Grosse Differenzen beim Sackgeld
Von: mm/f24.ch
Fast alle Eltern in der Schweiz sind der Meinung, dass Finanzerziehung wichtig ist. Doch nach welchen Massstäben sollen Kinder erzogen werden? Wieviel Sackgeld soll man Kindern geben? Wie eine grosse Studie im Auftrag von Credit Suisse und Pro Juventute zeigt, sind sich Deutschschweizer, Westschweizer und Tessiner in diesen Fragen oft uneins. Auffallend gross sind die regionalen Unterschiede im Umgang mit Sackgeld.
Ein verantwortungsvoller Umgang mit Geld ist ein wichtiges Erziehungsziel in der Schweiz. Fast neun von zehn Elternteilen erachten die Finanzerziehung als wichtig oder sogar sehr wichtig. Mehr noch: Das Vermitteln eines sinnvollen Umgangs mit Geld ist ihnen noch zentraler als die Förderung von Erfolgsorientierung, Bescheidenheit oder Kreativität.
Dies ergibt die Umfrage «Schweizer Taschengeld-Studie – Wie Kinder den Umgang mit Geld lernen» der Forschungsinstitute sotomo und amPuls, die im Auftrag von Credit Suisse in Zusammenarbeit mit Pro Juventute im Frühling 2017 erhoben wurde. Über 14‘000 Personen nahmen daran teil.
Röstigraben beim Sackgeld
Gemäss der Studie wird Kindern in der Schweiz in der Regel ab 6 Jahren zugetraut, Geld als Zahlungsmittel zu verstehen. Bereits ein Jahr später, im Alter von etwa 7 Jahren, bekommt mehr als jedes zweite Kind (56%) Sackgeld.
Die Studie zeigt allerdings, dass die regionalen Unterschiede riesig sind: Während in der Deutschschweiz bereits 63% aller Siebenjährigen ein Sackgeld erhalten, sind es in der Romandie lediglich 18%. Im Tessin ist der Unterschied noch deutlicher: Hier ist das Verständnis für Geld als Zahlungsmittel gemäss der Eltern überhaupt erst ab acht Jahren vorhanden.
In der Westschweiz wird Sackgeld erst mit dem Eintritt in die Oberstufe üblich. Doch selbst in dieser Zeit erhalten knapp 30% der Kinder gar kein Sackgeld. In der Deutschschweiz treten dagegen nur noch etwas über 10% sackgeldlos in die Oberstufe über.
Aufgrund der früheren Heranführung an Geld ist es auch nicht erstaunlich, dass die Deutschschweizer Eltern ihre Kinder deutlich früher frei über Sackgeld und Geldgeschenke verfügen lassen, nämlich ab acht beziehungsweise zehn Jahren. In der Romandie und im Tessin ist dies durchschnittlich erst zwei Jahre später der Fall, also mit zehn respektive zwölf Jahren.
Kinder sind sparsam
Obwohl die meisten Kinder spätestens im Alter von zwölf Jahren frei über das eigene Sackgeld verfügen dürfen, geben es die wenigsten einfach aus. 43% legen mehr als die Hälfte zur Seite, 41% zumindest einen kleineren Teil.
Gespart wird meistens auf Elektrogeräte, namentlich Computer und Smartphones – und auf Lego. Nur gerade 16% geben jeweils alles aus. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist das Vermögen, über das das durchschnittliche Kind in der Schweiz verfügt:
Wenn Sieben bis Achtjährige Ersparnisse haben, belaufen sich diese im Durchschnitt auf 650 Franken, bei den Dreizehn- bis Vierzehnjährigen auf 1‘410 Franken. Dass es sich dabei nicht ausschliesslich um Sackgeld, sondern auch um angesparte Geldgeschenke handelt, ist offensichtlich: Denn ein achtjähriges Kind erhält im Durchschnitt seiben Franken jeden Monat, ein zwölfjjähriges 23 Franken.
Eltern, die selbst Kinder im Alter zwischen fünf und vierzehn Jahren haben, halten für ein zehnjähriges Kind sechzehn Franken Sackgeld pro Monat für angemessen. Allerdings bestehen auch hier regionale Unterschiede – Tessiner Eltern zeigen sich am grosszügigsten: Über 40% erachten einen Betrag von mehr als zwanzig Franken Sackgeld im Monat als angemessen. In der Deutschschweiz ist das lediglich bei einem Viertel der Fall.
Obwohl das Sackgeld Teil der Finanzerziehung ist, wird es gemäss den Studienteilnehmern in der Regel nicht an Bedingungen geknüpft. Rund zwei Drittel der Kinder (63%) bekommt es ohne Gegenleistung. Zwar erwartet der grösste Teil der Eltern von den Kindern Mithilfe im Haushalt, das Sackgeld wird aber nur bei etwas mehr als einem Drittel von einem Ämtli abhängig gemacht. Bei knapp vier Fünftel dieser Fälle handelt es sich dabei um die Mithilfe im Haushalt, das Aufräumen oder die Pflege des Haustiers.
Sollte das Sackgeld einmal ausgehen, bleibt rund die Hälfte aller Eltern konsequent und verweigert eine Sonderzahlung. 27% geben an, zwar einen zusätzlichen Zustupf zu gewähren, knüpfen ihn aber an Bedingungen. Ein knappes Viertel der Befragten gibt sich dagegen grosszügig und schliesst finanzielle Lücken ohne jegliche Auflagen.
Einhellige Meinung der Eltern: früh übt sich
So unterschiedlich die regionale Sackgeldpraxis aussieht, in einem sind sich die Eltern in der Schweiz einig: Der Umgang mit Geld soll bereits im Kindesalter erlernt werden.
«Regelmässig ausbezahltes Sackgeld kann eine wichtige Rolle im Erlernen eines bewussten Umgangs mit Geld spielen. Es ist ein wirksames Übungsfeld für das Priorisieren eigener Konsumwünsche, denn Kinder können innerhalb gewisser Spielregeln Verantwortung übernehmen und selber Entscheidungen treffen. Dazu gehört auch die Erfahrung, dass nicht alle Wünsche sofort erfüllt werden können. Das sind wichtige Lektionen für die Kinder – auch bezüglich Schuldenprävention», kommentiert Katja Wiesendanger, Direktorin von Pro Juventute, die Studienergebnisse.
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