Statt „Bares für Rares“ – „Wahres über Rares“
Von: Hans Berger
Bereits zum sechsten Mal lud die 1925 gegründete „Fricktalisch-Badische Vereinigung für Heimatkunde“ (FBVH) am vergangenen Samstag zum Fundbestimmungsnachmittag ein. Wer zufällig gefundenes, auf Trödlermärkten erstandenes oder ererbtes Gut aus längst vergangenen Tagen von sachkundigen Experten beurteilen lassen wollte, war im Museum Schiff in Laufenburg am richtigen Ort. Ein unterhaltsamer Nachmittag der leisen Töne, welcher aber manchmal so spannend wie ein Krimi und manchmal so lustig wie eine Komödie war.
Fundbestimmungsnachmittag vom „Fricktalisch-Badische Vereinigung für Heimatkunde“ (FBVH)
Mit „Zog einst bis an der Erde Ende, ob ich Sonderbares fände, Gaben, Lichter, Götter, oder Tand, fand in Stein gehau'ne Fragen, Zauberkunst aus alten Tagen, fand die Weisheit am Poseidon Strand, Schönes aus den alten Zeiten, edle Werte, die uns leiten, und ein gutes Werk, das Heil erbringt. Was noch für den Schwärmer bliebe, ein paar Töne zarter Liebe, wie's der Gondoliere wohl besingt.“, empfahl sich 1971 der österreichische Liedermacher Wolfgang Hofer als „Trödler Abraham“.
Im Trend
Wer nun aber glaubt, dass sich nur Seniorinnen und Senioren für antiquarische Fundstücke interessieren, irrt. Der Beweis dafür liefert die erfolgreiche, vom Fernsehkoch mit dem markanten Schnauzbart, Horst Lichter moderierte ZDF-Sendung „Bares für Rares“, welche vor allem beim jüngeren Publikum im Alter zwischen 14 und 49 Jahren gut ankommt, wie die Einschaltquoten belegen. Dieser Trend des „back to the roots“ (zurück zu den Wurzeln) war auch am sechsten Fundbestimmungsnachmittag von der „Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde“ (FBVH) auszumachen.
Wandelnde Lexiken
Auch wenn es in Laufenburg kein Bares gab und vermeintlich Rares zum Leidwesen der Besitzer nicht rar genug war, um als Millionär das Museum verlassen zu können, war das, was die Antiquitäten-Experten darüber zu berichten wussten höchst interessant, lehrreich und öffnete gar manchem der Besucher den Blick zur Erkennung von geschichtlichen Zusammenhängen. Zusammen scheinen die Experten das komplette, 15‘000 Seiten umfassende, von 3‘000 Fachleuten während 25 Jahren erarbeitete, 106 Millionen Franken teure „Historische Lexikon der Schweiz“ (HLS), dessen 13. und letzter Band gestern den Medien vorgestellt wurde, im Kopf zu haben.
So gab es tatsächlich nichts, was Werner Brogli, Luciano Caltana, Georges Burckhardt, Werner Fasolin oder Mario Henzi zuzuordnen und davon spannende Geschichten zu erzählen wussten. Faszinierend auch die Begeisterung von Luciano Caltana, wenn er echte Raritäten wie zum Beispiel ein Buch aus dem Jahre 1550 in der Hand hält oder mit welcher Leichtigkeit Georges Burckhardt die altdeutsche Schrift (siehe Foto) zu lesen versteht.
Wertewandel
Packend auch die Dokumente, die akribisch festhalten, wem was gehört, wie zum Beispiel in einer Gütervereinbarung aus dem Jahre 1726 oder in einer anderen Schrift wer was wann zu tun oder zu lassen hat. Keine Raritäten, jedoch Zeitdokumente, die den Wertewandel eindrücklich bekunden und vielleicht beim Einen oder Anderen den Wunsch wecken, dass es heute wieder so sein möge.
Schenkung
Schwerter besassen im Mittelalter einen unschätzbaren Wert. Der Stolz des Besitzers des Schwertes aus dem 16./17 Jahrhundert, welches Robert Trachsel im Dachstock vom Restaurant Sonne in Eiken aufgestöbert hat, ist daher vermutlich mit jenem eines Rolls Roys-Besitzers vergleichbar. Das eine war, das andere ist ein Attribut für Reichtum, Ruhm und Macht. Da ersteres jedoch Ähnlichkeiten mit einem Richterschwert aufweist oder im dreissigjährigen Krieg (1618-1648) eingesetzt wurde, ist nicht auszuschliessen, dass damit manchen Menschen nebst Schmerzen und Tod auch viel Leid zugefügt wurde. Dies mag vielleicht auch der Grund sein, weshalb Robert Trachsel seinen Fundus dem Präsidenten vom Museum Schiff, Hannes Burger zuhanden des Museums übergab.
Steinflüsterer
Wenn Steine und Fossilien erzählen könnten, wäre die Menschheit um einiges klüger und ihr manche Katastrophe erspart geblieben. Gut, gibt es so „Steinflüsterer“ wie Mario Henzi oder Werner Brogli, welche wie die „Pferdeflüsterer“ bereits das Aeussere von Mineralien und Versteinerungen richtig einzuordnen und deren jahrtausendlanges Dasein spannend zu vermitteln vermögen.
Fazit
Mag sein, dass vergangenen Samstag manch Fündiger das Museum Schiff voller Hoffnung betrat, so richtig gekickt verliess es aber niemand. Der ideelle Wert und die Freude, Besitzerin oder Besitzer eines gleichwohl nicht im Überfluss vorhandenen Stückes zu sein, das viele strube Zeiten überlebt hat und gewiss genauso viel über dies und jenes erzählen könnte wie auch die Experten von der „Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde“ (FBVH), welche am gut besuchten Fundbestimmungsnachmittag manch imaginäres Geheimnis zu lüften vermochten, überwog eine allfällige Enttäuschung.
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