Herbstkonzert der Musikschule Frick mit „Potts-Effekt“
Von: Hans Berger
Die erstaunten, wenn nicht gar verwirrten Gesichter der Juroren der britischen Castingshow „Britain’s Got Talent“ gingen vor zehn Jahren um die Welt, als der völlig unbekannte Tenor Paul Potts die gesanglich anspruchsvolle Arie „Nessun dorma“ aus der Oper „Turandot“ von Giacomo Puccini sang. Ähnlich wie damals den Juroren erging es am vergangenen Mittwoch im Ref. Kirchgemeindesaal Frick indes auch den Besuchern des Herbstkonzertes der Musikschule Frick. Wie seinerzeit Paul Potts übertrafen auch die sieben Schülerinnen und drei Schüler die Erwartungen ums Mehrfache.
Die mehr wie talentierten JungmusikerInnen vom Herbstkonzert der Musikschule Frick
Auch wenn Musikschulleiter Robert Bürren in seiner Begrüssung ein schönes Konzertprogramm versprach, für dessen Vorbereitung die jungen Musikerinnen und Musiker aufgrund der Sommerferien nur wenig Zeit hatten, erahnte unter den rund sechzig Besuchern – mit Ausnahme der Eltern – wohl niemand das hohe Niveau des rund einstündigen Herbstkonzertes. Mit zum grossen Erfolg trugen auch die hervorragenden Klavierlehrerinnen Ursula Rohrer und Jana Sviezena bei, welche die Solisten mehrheitlich begleiteten.
Vorgabe
Die Querflötistin Tabea Bodmer hatte das schwere Los gezogen, das Konzert zu eröffnen, machte dies aber mit Georg Friedrich Händels „Largo“ und „Allegro“ bravourös und setzte mit ihren flinken, die Tonleiter rauf und runter gehenden Läufen die Latte für ihre MitschülerInnen bereits hoch an. Welche jedoch André Mudry mit seiner Altblockflöte und Georg Philipp Telemanns spritzig gespieltes „Vivace“ aus der Sonate F‐Dur mühelos zu nehmen mochte.
Auf Herzenfang
„Lunas Song“ von Blaz Pucihar ist ein Märchen für Flöte und Klavier, welches Josua Hof mit der Querflöte märchenhaft zu erzählen vermochte. Mit Mozarts „Vogelfänger“ aus der „Zauberflöte“ fing er danach zwar keine Vögel, jedoch die Herzen des begeisterten Publikums genauso wie die kräftig in die Tasten greifende Pianistin Milena Thommen mit den drei, an Richard Clayderman erinnernden Stücken „Secrets“, „Bittersweet“, „Peace“ der britischen Komponistin Maria C. Linnemann.
Der französische Komponist Gabriel Fauré gehört nicht zu den Berühmtheiten wie etwa sein Zeitgenosse Claude Debussy. Seine - von der Querflötistin Fiona Näf poetisch nuanciert, mit pointierter Tonsprache und mannigfaltiger Differenzierungen vorgetragene – „Fantasie“ beweist, dass er der Klasse angehören müsste, wie vielleicht dereinst auch Fiona Näf, wenn sie den eingeschlagenen musikalischen Weg weitergeht.
Meisterwerk
Johann Sebastian Bach ist wohl Deutschlands grösster Komponist, abgesehen von dem umfangreichen und zum Teil überaus virtuosen Klavier- und Orgelwerk hat Bach das Klavierspiel und die Spieltechnik revolutioniert.
Es steht ausser Frage, die Cellistin Ranja Emam hat sich mit Bachs weltberühmtem, vielfach gespieltem und vertontem „Präludium“ aus der Suite für Violoncello Nr. 1 in G‐Dur an ein Stück gewagt, das zu den Meisterwerken der klassischen Musik gehört. Viele Zeitgenossen von Bach behaupteten gar, dass es unspielbar sei. Ranja Emam bewies scheinbar mühelos das Gegenteil.
Temperament
Das Stück „Comptine d’un autre été l’après‐midi“ (Kinderlied von einem weiteren Sommernachmittag) des französischen Komponisten und Multiinstrumentalisten Jann Tiersen, mit dem die Pianistin Gaia Maria Profeta begeisterte, ist musikalisch mehr wie nur ein Kinderlied und bedarf im Zwischenspiel äusserst flinker Finger.
Diese benötigte aber auch die Querflötistin Chantal Rinke, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, dass die Spanier feurig sind und den Rhythmus im Blut haben. Dass dem so ist, bewies sie zweifelsfrei mit Moritz Moszkowskis´ „Spanischem Tanz“.
Potts-Effekt
Den grössten Paul Potts-Effekt bewirkte die sehr junge Violinistin Helena Schraner. Denn in diesem zarten Alter ist kaum zu erwarten, dass eine Geige wie eine Geige klingt, die Geigerin die Saiten gleichzeitig streichen und zupfen kann und obendrein auch noch mit Edward Mollenhauers „The Boy Paganini Fantasia“ zu brillieren vermag. Als die 1963 in Rheinfelden Baden geborene Anne-Sophie Mutter anfangs der 1970er Jahre in Kaiseraugst auftrat, spielte sie in etwa auf dem selben Niveau wie rund fünfzig Jahre später Helena Schraner.
Glanzvolles Finale
Fantasie‐Impromptu opus 66 mit seiner grossen emotionalen und stilistischen Bandbreite ist das bekannteste Impromptu (aus dem Lateinischen „in promtu“ – „in Bereitschaft“, „zur Hand“) von Frédéric Chopin. Ein brillanter Eröffnungsteil leitet über zum lyrischen und romantischen zweiten Thema. Zum Ende wird der Eröffnungsteil mit schnellen Klangkaskaden nochmals aufgenommen, wobei auch das romantische Thema erneut anklingt. Ganz abgesehen von Tempo und pianistischen Effekten erzielt Chopin mit der Annordnung der schnellen Sechzehntelnoten und den daraus entstehenden Motiven ein äusserst dichtes und gehaltvolles musikalisches Gefüge.
Ein Stück also, an das sich nur grosse Pianisten wagen. Ferdinando Gysin hat das Potential dazu, wie seiner Interpretation des Impromptu unschwer entnommen werden konnte.
Fazit
Das Herbstkonzert der Musikschule Frick war ein Balsam für Geist und Seele und gewiss für alle Besucherinnen und Besucher der Aufsteller des Tages, wenn nicht gar der Woche, des Monats, des Jahres.
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