Plateosaurus von Frick wartet auf einen Prinzen
Von: Hans Berger
Es muss eine verrückte Zeit gewesen sein, damals, vor 252,2 bis etwa 201,3 Millionen Jahren, in der Trias, der fünften von insgesamt dreizehn geologischen Etappen der Erdgeschichte, als der Superkontinent Pangäa bereits auseinanderdriftete, Europa beinah am Äquator lag und das Klima heiss und tropic war. Sich das fünfte von den neun grossen Massensterben der Erdgeschichte abspielte, die Wirbeltiere indes einen ungeheuren Aufschwung hatten, sich die Samenpflanzen immer mehr gegen die Sporenpflanzen durchsetzten, sich die Dinosaurier entwickelten und so elendiglich zugrunde gingen, wie jener acht Meter lange, zwei Tonnen schwere Koloss, den gestern in der Tongrube Frick Grabungsleiter Ben Pabst der Presse vorstellte.
Grabungsleiter Ben Pabst und Ursila Bachmann, biologische Paläontologin (Saurierforscherin)
„Es ist der grösste, je in der Schweiz gefundene Plateosaurus“, berichtete der Grabungsleiter, ein Tausendsassa bezüglich Dinos, hat er doch schon in der ganzen Welt nach ihnen gegraben. Die Tongrube Grunhalde sei aber eine der weltweit besten Fundstelle für Dinosaurier aus der Trisa-Zeit, so Ben Pabst, der seit 2004 für das Areal zuständig ist.
Seltenheitswert
Skeletteile der Zweibeiner gäbe es viele in Frick, da jedoch nur jeder fünfzehnte Fund so komplett sei wie der Aktuelle, habe dieser einen besonderen Seltenheitswert. Verständlich also, dass er voller Begeisterung auf den Hals, die Wirbelsäule, das Becken, die zwei Beine, Füsse und einen Arm mit riesigen Krallen aufmerksam machte. Der rund vier Meter lange Schwanz des vor rund 210 Millionen Jahren verstorbenen Pflanzenfressers wird erst in zwei Monaten freigelegt. Die Chance, dass auch noch der im Verhältnis zur Statur doch eher kleine Kopf gefunden wird ist eher gering, aber bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt, dies insbesondere bei den Forschern.
Grösser wie der Schein
Für den Laien ist das, was er sieht eher ein Häufchen Elend. Auffallend sind die grossen Schulterblätter, dass dieses Tier mal acht Meter mass, ist für ihn indes nur schwer vorstellbar. Dies liegt jedoch lediglich an der Köperhaltung des Dinos.
Wie die beiden Forscher Achim G. Reisdorf und Michael Wuttke vor zwei Jahren herausfanden, traten diese bizarren Verbiegungen erst während der Zersetzung der Saurierleichen ein. Verantwortlich ist ein Band, das sogenannte Ligamentum elasticum, das die Wirbel vom Hals bis zum Schwanz oberseitig miteinander verbindet; dieses ist so vorgespannt, dass es einen starken Zug zwischen den Wirbeln ausübt. Diese Bandstruktur ist auch bei Reptilien und Säugetieren ausgebildet.
Ein starkes Ligamentum elasticum war für Dinosaurier mit langen Hälsen und Schwänzen von grosser Bedeutung. Das Band half ihnen, Energie zu sparen – andernfalls hätten Hals und Schwanz über Muskelarbeit gegen die Schwerkraft aufrecht gehalten werden müssen.
Gelangten die Tiere nach ihrem Tod unter Wasser, konnten sich diese Zugkräfte entfalten, da im Wasser die Wirkung der Schwerkraft weitgehend aufgehoben ist. Mit der voranschreitenden Zersetzung krümmten sich Kopf und Schwanz der Saurierleichen immer weiter über den Rücken.
Dornröschen
Was mit dem Plateosaurus dereinst passiert, weiss der Grabungsleiter noch nicht. Liebend gerne würde er ihn präparieren, jedoch ist das besuchenswerte Fricker Sauriermuseum zu klein, um dem Giganten dort eine Bleibe geben zu können. So wird wohl der Dino das Schicksal mit seinen bereits geborgenen Kollegen teilen und seine Ruhestätte in ein Lagerhaus verlegen und wie einst Dornröschen darauf warten, dass er von einem Prinzen, es kann aber auch eine Prinzessin sein, zumindest teilweise wach geküsst wird...
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