Adventsspielerei
Von: Elisha
Es begann im Advent vor zwei Jahren. Während andere unter einem Vorweihnachts- oder Jahresabschlussstress leiden, ist es in unserer Abteilung die Zeit der Ruhe und Langsamkeit, denn keiner braucht unsere Dienstleistung zum Jahresende. Wir sitzen unsere Zeit ab, ohne etwas Sinnvolles machen zu können. Nachdem wir die Akten fertig geordnet hatten, fingen die Spielereien an: zuerst kamen die Büroklammern dran, die zu langen Ketten geknüpft wurden. Aus diesem Wettbewerb entstand eine Schlacht mit Linealen und Papierkügelchen, und dann begann die Zeit der Streiche.
Ursula wunderte sich, dass ihre Computermaus nicht funktionierte.
„Vielleicht ist sie ausgestöpselt“, versuchte ich scheinbar zu helfen. „Schau doch mal, ob sie an dem PC angeschlossen ist.“
„Du hast recht.“ Sie beugte sich über den Rechner, verband die Teile und versuchte es nochmal. „Mist! Klappt immer noch nicht. Sie blockiert.“
Erst nach der Mittagspause zupfte ich den Klebefilm von dem Sensor ihrer Maus ab.
Randolf zwinkerte mir zu und verteilte Kekse und Schokoladentäfelchen. Ich wunderte mich schon, was Ursula an seinem Schreibtisch wollte, als er zur Toilette ging. Sie tippte wild drauf los und hechtete gerade rechtzeitig zurück zu ihrem Arbeitsplatz.
„Was ist das denn?“, drang es aus seiner Ecke. Minuten später ertönten Flüche und Schimpfwörter. Ursula grinste mich an und schob mir ihr Handy hinüber.
„Ein Screenshot?“ Ich verstand nicht, betrachtete die Kopie des Computerbildschirms. Das Bild hatte Ähnlichkeit mit meinem eigenen Monitor, nur ein Ordner stach heraus. »
„Pickelige Porno-Hintern?“ Ich lachte.
„Und jetzt wundert er sich schon seit einer Viertelstunde, warum er den Ordner nicht löschen kann.“
„Wieso kann er das nicht? Er versteht doch was von Computern.“
Ursula sah genüsslich in mein verständnisloses Gesicht, zückte ihr Handy und machte ein Foto von mir.
„Als ich ihm den Ordner angelegt habe, habe ich den Screenshot als Hintergrundbild angelegt.“
Im letzten Jahr hatte sich das noch gesteigert. Nachdem wir monatelang brav und sorgfältig gearbeitet hatten, gingen im Advent wieder die Spiele los. Inzwischen hatten wir einen neuen Kollegen, der zunächst verwundert auf unsere Albernheiten reagierte.
Irgendjemand hatte sich anscheinend die Auto-Correct-Einstellungen unserer Rechner vorgenommen, so dass jedes Mal, wenn wir unseren Namen eintippten, seltsame Titel erschienen: Ich war die Herrin der ungespülten Suppentassen, Randolf der König der bedeutungslosen Stimmungsseufzer und Jens der Meister des blanken Wahnsinns. Natürlich hatten wir Ursula in Verdacht, auch wenn auf ihrem Bildschirm bei ihrem Namen die verrückte Katzenlady erschien.
Wir wussten, dass Jens ein richtiger Autonarr war, schliesslich schwärmte er jeden Tag von seinem gepflegten Bentley. Als Randolf beiläufig fragte, „was ist denn mit deinem Auto passiert?“, stürmte er mitten am Tag auf den Parkplatz. Durch das Fenster sah ich ihn regelrecht auf sein Auto zu stolpern, und knieend blieb er an seinem Kotflügel hocken. Ein handlanger Kratzer blinkte in der Sonne. Randolf war ein paar Schritte hinter ihm und machte ein Foto von Jens. Dann zupfte er etwas ab und schwenkte dann ein schmales, langes Stück Klebefilm. Er tätschelte Jens die Schulter und half ihm wieder auf die Beine.
In diesem Jahr war es bisher erstaunlich ruhig. Bisher haben wir nur Kerzen angezündet und eine grosse Schale voller Süssigkeiten aufgestellt und fast leer gegessen. Ich habe die Tage bis Weihnachten gezählt und eine Geschenkeliste für meine Familie erstellt. Als die Post verteilt wurde, riss ich geistesabwesend einen Umschlag auf und war plötzlich über und über mit feinem lila Glitzer bedeckt.
Ursula zückte ihre Kamera und rief: „Sternenstaub von der Weihnachtselfe!“
Ich spuckte lila Glitzerpulver aus. „Ihr habt es so gewollt“, rief ich zurück und grinste. „Die Spiele 2017 sind eröffnet!“
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