Faszination Universum - Wie schwarze Löcher den Kosmos formen
Von: mm/f24.ch
Schwarze Löcher sind die merkwürdigsten Objekte im Universum. Ein schwarzes Loch hat keine Oberfläche wie ein Planet oder ein Stern. Es ist hingegen ein Gebiet im Weltraum, in dem die Materie in sich selbst zusammengefallen ist. Dieser Kollaps von katastrophalen Ausmassen bewirkt, dass sich eine enorme Menge Masse auf einem unglaublich winzigen Raum konzentriert. Die Anziehungskraft dieses Gebiets ist so stark, dass ihr nichts entrinnen kann – noch nicht einmal das Licht.
Computersimulation eines nichtrotierenden Schwarzen Lochs von 10 Sonnenmassen, wie es aus einer Entfernung von 600 km aussähe. Die Milchstraße im Hintergrund erscheint durch die Raumzeitkrümmung verzerrt und doppelt. Die Bildbreite entspricht einem Blickwinkelbereich von 90°. (Quelle: Ute Kraus, Universität Hildesheim, CC BY-SA 2.0 DE, Milchstrassenpanorama im Hintergrund: Axel Mellinger)
Schwarze Löcher lassen sich zwar nicht sehen, aber wir können sie daran erkennen, wie sie sich auf benachbarte Nebel, Sterne und Galaxien auswirken. Viele sind von scheibenförmigen Ansammlungen von Material umgeben. Wie ein Strudel wirbeln sie um die Schwarzen Löcher und werden dabei extrem heiss und geben Röntgenstrahlung ab.
Schwarze Löcher gibt es in den unterschiedlichsten Grössen. Viele sind nur wenige Male massiver als die Sonne. Zur Entstehung dieser Schwarzen Löcher „stellarer Masse“ kommt es, wenn das Leben eines massiven Sterns, der etwa zehnmal schwerer ist als die Sonne, in einer Supernova-Explosion endet. Was von dem Stern übrig bleibt – noch immer ein Vielfaches der Masse der Sonne – kollabiert zu einem Gebilde mit einem Durchmesser von nur wenigen Kilometern.
In der Mitte der meisten Galaxien, wie auch der Milchstrasse, befinden sich supermassereiche Schwarze Löcher. Diese können die millionen- oder milliardenfache Masse der Sonne aufweisen. Supermassereiche (auch supermassiv genannt) Schwarze Löcher treiben ausserdem aktive Galaxien und alte Galaxien, die so genannten Quasare an. Quasare können Hunderte Male heller sein als selbst die grösste normale Galaxie.
Objekte, die in ein Schwarzes Loch fallen, werden buchstäblich bis zum Zerbersten gedehnt. Nehmen wir an, ein Astronaut wagt sich zu nah heran und wird in ein Schwarzes Loch gezogen – die unglaublich starke Schwerkraft würde ihn einfach auseinanderreissen.
Astrophysiker aus Heidelberg, Garching und den USA haben neue Erkenntnisse zur Entstehung und Entwicklung von Galaxien erzielt. Sie berechneten den Einfluss schwarzer Löcher auf die Verteilung der Dunklen Materie, die Produktion und Verbreitung schwerer Elemente im Kosmos und den Ursprung der Magnetfelder. Dazu programmierten sie ein neues Simulationsmodell für das Universum und erstellten die bisher umfangreichsten Simulationen dieser Art. Erste Ergebnisse des "IllustrisTNG" Projekts wurden jetzt in drei Artikeln in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht. Sie sollen helfen, fundamentale Fragen der Kosmologie zu klären.
Im Zentrum jeder Galaxie sitzt also ein supermassereiches schwarzes Loch. Wie diese Schwerkraftfallen die grossräumige Struktur unseres Universums beeinflussen, zeigt jetzt ein neues Computersimulationsmodell. Beteiligt daran sind Forscher des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien (HITS) sowie der Universität Heidelberg, der Max-Planck-Institute für Astronomie (MPIA, Heidelberg) und für Astrophysik (MPA, Garching), der US-Universitäten Harvard und MIT, sowie dem Center for Computational Astrophysics in New York.
Das Projekt „Illustris – The Next Generation“ (IllustrisTNG) ist die bislang vollständigste Simulation dieser Art. Mithilfe grundlegender physikalischer Gesetzmässigkeiten zeigt sie, wie sich unser Kosmos seit dem Urknall entwickelt hat. Einige der physikalischen Prozesse, die dabei eine Rolle spielen, wurden in IllustrisTNG überhaupt erstmals in eine derart umfangreiche Simulation einbezogen.
Ein realistisches Universum aus dem Computer
Das von IllustrisTNG vorausgesagte kosmische Netz aus Gas und Dunkler Materie beherbergt an seinen Kreuzungspunkten Galaxien, die gut zur Gestalt und Grösse echter Galaxien passen. Zum ersten Mal konnte mit hydrodynamischen Simulationen auch das Verteilungsmuster der Galaxien im Raum detailliert berechnet werden.
Vergleiche mit Beobachtungsdaten – inklusive neuester, umfangreicher Durchmusterungen – zeigen, wie realistisch die Ergebnisse der Simulationen sind. Ausserdem sagen die Simulationen voraus, wie sich das kosmische Netz im Laufe der Zeit verändert, insbesondere im Verhältnis zum darunter liegenden „Rückgrat“ des Kosmos aus Dunkler Materie.
„Es ist besonders faszinierend, dass wir den Einfluss supermassereicher schwarzer Löcher auf die Verteilung Dunkler Materie auf grossen Skalen genau voraussagen können“, meint Projektleiter Prof. Volker Springel (HITS, MPA, Universität Heidelberg). „Das ist entscheidend, um zukünftige kosmologische Messungen verlässlich auswerten zu können.“
Die wichtigste Transformation im Lebenszyklus von Galaxien
Wie wichtig der Einfluss schwarzer Löcher auf Galaxien ist, konnte Dr. Dylan Nelson (MPA) in einer weiteren Studie nachweisen. Sternbildende Galaxien strahlen hell im blauen Licht junger Sterne, bis ein plötzlicher Entwicklungsschub die Sternentstehung ausschaltet, so dass sie von alten, roten Sternen dominiert werden und sich zum Friedhof „alter und toter“ Galaxien hinzu gesellen.
„Das einzige physikalische Objekt, das in der Lage ist, die Sternentstehung in unseren grossen elliptischen Galaxien auszulöschen, sind die supermassereichen schwarzen Löcher in ihren Zentren“, erklärt Dylan Nelson. „Die ultraschnellen Auswürfe dieser Schwerkraftfallen erreichen Geschwindigkeiten von bis zu zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit und beeinflussen riesige Sternsysteme, die milliardenfach grösser sind als das vergleichsweise kleine schwarze Loch.“
Wie die Sterne stehen: Neue Erkenntnisse zum Aufbau von Galaxien
„IllustrisTNG“ hilft auch, den hierarchischen Aufbau der Galaxien besser zu verstehen. Schon lange vermuten Theoretiker, dass zunächst kleine Galaxien entstehen müssten, die dann zu immer grösseren Objekten verschmelzen, zusammengezogen von der unerbittlichen Anziehungskraft der Schwerkraft.
Bei zahlreichen solchen Galaxienkollisionen werden Galaxien förmlich zerrissen. Ihre Sterne kreisen dann auf weiten Bahnen um neu entstandene grosse Galaxien, was ihnen ein schwaches Glimmen im Hintergrund verleihen müsste. Diese vorausgesagten „Lichthöfe“ sind aufgrund ihrer geringen Oberflächenhelligkeit nur sehr schwer zu beobachten – aber IllustrisTNG konnte genau simulieren, wonach Astronomen suchen sollten.
„Unsere Voraussagen können von Beobachtern nun gezielt überprüft werden“, freut sich Dr. Annalisa Pillepich (MPIA), Autorin einer weiteren IllustrisTNG Studie. „So kann das theoretische Modell der hierarchischen Galaxienentstehung gezielt auf die Probe gestellt werden.“
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»