Chropfleerete
Von: Willi Pavan
Man könnte meinen, dass die Erde leicht ins Schlingern kommt, wenn man so herumschaut und -hört. Unsere eigentlich sehr schöne, blaue Kugel, Erde genannt, befindet sich mehr und mehr auf einem Schlingerkurs. Tatsachen und Ereignisse werden von einem Teil der sogenannten Volks(ver)treterInnen - dies leider auch in unserem Land, das einst als vorbildliche Demokratie galt - nach Lust und Laune abgeändert, verteufelt, oder wenn es zum Vorteil der PolitikerInnen ist, gelobt.
Ausschnitt aus dem Gemälde "SILBERHOCHZEIT IN RHF" von Willi Pavan
Ist das Resultat einer Volksbefragung nicht nach dem Gusto der „Hochwohllöblichen“ ausgefallen, werden haufenweise fragliche Gegenargumente, einschüchternde Schreckensszenarien unters Volk gebracht, um damit fadenscheinig zu rechtfertigen, weshalb vom ursprünglichen Volksbegehren nur noch Makulatur übrig bleibt. Die MEI-Abstimmung lässt grüssen. Denn so wie diese in die eine Richtung - entgegen dem vom Volk abgesegneten Paragraphen 121a - zerpflückt wurde, hätte sie ebenso gut - dem Wunsch des Volkes, die Zuwanderung zu stoppen, entsprechend - in die andere Richtung zerpflückt werden können.
Grundsätzlich frage ich mich manchmal schon, weshalb gewisse Parlamentarier überhaupt noch gewählt werden, wenn diese nur die eigenen Interessen verfolgen und sich keinen Deut um die Probleme der Mehrheit kümmern. Für die noch verbleibenden, ehrlichen, volksnahen, für Gerechtigkeit kämpfenden PolitikerInnen muss es unglaublich frustrierend sein, in einem Gremium zu sitzen, in dem es von profilierungssüchtigen, mediengeilen, nur auf die eigene Ideologie bedachten Kolleginnen und Kollegen nur so wimmelt.
Nachdenklich stimmt mich in diesem Zusammenhang die zu oft von Volk und Politik geduldete Selbstüberschätzung einiger Medienschaffenden, die sich so verhalten, als seien sie Legislative, Exekutive und Judikative in einem. Zu viele Politikerinnen und Politiker sind obendrein darauf besessen, von ihnen eine positive Schlagzeile zu bekommen, anstatt sie in den Senkel zu stellen und an die ihr allenfalls zustehende, in der Bundesverfassung jedoch nicht deklamierte Stellung als vierte Staatsgewalt zu verweisen. Typisch für dieses Verhalten war kürzlich die Antwort „wäg dä Ischaltquote“ einer Politikerin auf die Frage des Arena-Moderators, warum sie denn überhaupt so heftig streite?
Ein absolut klassisches Beispiel für die Unausgewogenheit der Medien sind die sich stets ähnelnden Berichte und Kommentare über die Beziehungen der Schweiz zur EU. Aber auch bezüglich Brexit verhalten sie sich so, als ob er eine Todsünde sei und werden nicht müde, die schlimmsten Szenarien heraufzubeschwören. Es ist mir bewusst, dass es die absolute Objektivität nicht geben kann, dennoch erwarte ich von den Medien mehr Sachlichkeit und von den Journalistinnen und Journalisten, dass sie ihre persönliche Meinung in den Berichten hintenanstellen und sich nicht wie Halbgötter aufführen.
Selten wird beispielsweise darüber berichtet, wie es jenen europäischen Staaten geht, die nicht der EU angehören und dies auch nicht in Zukunft erwägen. Geht es den Länden wie z.B. Norwegen etwa schlechter? Wäre es nicht angebracht, sich als Schweiz mit den Briten zu solidarisieren, anstatt alles, was sie auf dem beschwerlichen Weg zur Rückgewinnung der Eigenständigkeit tun zu verteufeln?
Haben diese Meinungsmacher denn keinen Mut, unser bewährtes System als Paradebeispiel zu erwähnen und dessen Vorteile hervorzuheben? Ich werde das Gefühl nicht los, dass viele federschwingenden BerichterstatterInnen wie viele PolitikerInnen meinen, sie seien nur dann jemand, wenn sie mit den vermeintlich Grossen an einem Tisch sitzen dürfen. Das grenzt doch an Masochismus!
Der britische Premierminister David Cameron deklarierte nach der Brexitabstimmung sinngemäss: „Der Wille der Briten ist eine unumstössliche Anweisung (an die „Oberen“), die es „volere oder nolere“ zu beherzigen gilt.“ Selbigen haben meiner Meinung nach auch unsere PolitikerInnen und Journalistinnen / Journalisten zu tun. Es bleibt also zu hoffen, dass sie sich diese einfache Maxime zu Herzen nehmen.
Vielleicht - und das wäre eine weitere Hoffnung von mir - bewirkt der Brexit letztendlich einen neuen, von allen Völkern per Stimmzettel abgesegneten auf föderativer Basis gestellten Zusammenschluss der westeuropäischen Länder, ohne dass diese ihre Souveränität und Traditionen preisgeben müssen. Da hinein würde auch die Schweiz passen.
Mit dieser Zukunftsvision grüsse ich freundlichst, Ihr
mal kritisch, mal alternativ, mal positiv denkender Willi Pavan, Rheinfelden
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»