Nach Ostern!
Von: Caba
Kennen Sie das? Man möchte in der Woche vor Ostern einen dringenden Termin vereinbaren, sei es beim Zahnarzt (weil man eine dicke Backe hat), beim Coiffeur (weil man am Vortag noch mit Struwelpeter verglichen wurde), mit einem Geschäftspartner (Zeit ist Geld) oder irgend einem Dienstleistungsunternehmen (Das Auto muss dringend in die Garage) und die Antwort lautet: Nach Ostern.
Man will einen kurzen Schwatz halten mit einer Freundin, einem Freund: Nach Ostern. Man will etwas Dringendes noch abklären mit einem Sachbearbeiter einer behördlichen Stelle: Aber erst nach Ostern. Man wartet auf den Zahltag, das Honorar: Demonstratives Stillschweigen. Nach Ostern. Man wartet auf die Glückwünsche zum Geburtstag. Nach Ostern. Man will eine Anzeige aufgeben: Das Inserat erscheint nach Ostern. Man kontaktiert jemand per Mail, die automatische Antwort des Adressaten (Autoreply) folgt prompt: Ich bin vom .... bis 8. April, im schlechtesten Falle bis 15. April abwesend. In dringenden Fällen können Sie ......
Sehen Sie, genau aus diesem Grunde mag ich keine Feiertage. Längst sind Gegenstand von Ärgernis während Ostern nicht nur die Staus auf den Autobahnen, sondern die durch diese Verschiebungsmentalität erzeugten Staus in den Tausend von unerledigten Dingen und in der Kommunikation, die sich allesamt bereits eine Woche vor Ostern bis zur Folgewoche häufen. Und alles will, soll und muss dann plötzlich nach Ostern erledigt sein.
Nach Ostern. Wenn der Grund wenigstens wäre, dass man diesen hohen Feiertagen die Bedeutsamkeit zukommen lassen würde, die sie verdienen. Doch das O’Hara Prinzip «Morgen ist auch noch ein Tag», (Scarlett O’Hara aus «Vom Winde verweht»), hat reichlich wenig damit zu tun. Es tönt bei allen Feiertagen, volksbräuchlichen Festen oder vor und während den Schulferien immer gleich: Nach Weihnachten, nach der Fasnacht, nach Ostern, nach Pfingsten, nach den Sommerferien.
Vielleicht ist dieses immerwiederkehrende Verschieben ja einfach ein Ausdruck eines Bedürnisses unserer Zeit nach einer Auszeit, einem Wunsch, eine Gelegenheit zu packen, alles mal ruhen zu lassen und wie Hake Kerkeling einfach zu sagen: «Ich bin dann mal weg»!? Die Auswirkungen der Wirtschaftkrise und die hohen Anforderungen der Arbeitswelt an den Menschen werden sicht- und greifbar, insbesondere in den Industrieländern und gehen nicht spurlos an ihm vorbei.
Dennoch muss man sich fragen, ob wir nicht allzu selbstverständlich ein solches nach Ostern vorausschicken. Was ist, wenn eine Bitte, eine Klärung oder ein entscheidendes Gespräch nicht mehr zustande kommen? Man kann die Dinge nicht auf ein anderes Leben verschieben. Wir verfügen über eine begrenzte Qualitätszeit, eine begrenzte Lebenszeit. Keiner weiss, was Morgen ist. Wir können dann nicht sagen: ... nach meinem Tode.
In der Hoffnung, das alle und ich nach Ostern noch da sind und mit dem beklemmenden Gefühl beim Gedanken an alle verschobenen und hinausgezögerten Termine, Gespräche, Abklärungen, Kontrollen und Besorgungen beugte ich mich der schweizerischen Verschiebungsmentalität – und gehe davon aus, dass es ab heute Dienstag wieder runder läuft.
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