Brot – vom Grundnahrungsmittel zum Trendprodukt
Von: mm/f24.ch
Rund um das Thema Brot drehte sich die diesjährige Wädenswiler Lebensmitteltagung der ZHAW (Zürcher Hochschulen für Angewandte Wissenschaften). Unter dem Titel „Zukunft des Brotes – Fakten zwischen Romantik, Technologie und Wissenschaft“ liessen sich mehr als 200 Teilnehmende über Backwaren im Spannungsbogen zwischen individuellem Konsum und globalem Markt informieren. Weitere Referate widmeten sich Themen entlang der gesamten Wertschöpfungskette Getreide – Brot, von speziellen Getreideinhaltsstoffen und funktionellen Zutaten bis zur Vorhersage der Haltbarkeit.
Der Lebensmittelmarkt ist verschiedenen Foodtrends unterworfen, wie die Trendforscherin Mag. Hanni Rützler in ihrem Vortrag ihren aktuellen FoodReport 2015 zitierte. Daraus kann auch die Backwarenbranche einige wichtige Fakten für den künftigen Markt ableiten.
Die Expertin für Genuss und gesunde Ernährung zeigte auf, dass es in Zukunft nicht mehr einfach um den Verkauf von Produkten gehen wird, sondern um die Lebensqualität der Kundinnen und Kunden. So werden diese vermehrt von erlebnis-, genuss- oder zweckorientierten Essmotiven geleitet. Schon heute kann sich die Backwarenbranche fragen, ob und wie sie diese Felder in Zukunft bedienen kann und will.
Logistik macht die Hälfte der Kosten aus
Wie man mit Wissen dieser Art und seinen Backwaren den Weltmarkt erobern kann, erklärte danach Urs May, General Manager der Délifrance SA. Die erfolgreiche Bäckerei von heute muss nicht nur eine enorme Produktevielfalt, sondern auch möglichst viele Conveniencestufen, vom Tiefkühlteigling bis zum fertig gebackenen Endprodukt, anbieten.
Wenige grosse, dafür effiziente Produktionsstätten verlangen auch ein ausgeklügeltes Logistik-Knowhow, damit die Produkte rechtzeitig zur Kundschaft gelangen. Dass dadurch Transport, Lagerung und Feinverteilung allein rund fünfzig Prozent des Wertes des Endprodukts ausmachen, erfordert andere Denkweisen bei der Kostenkalkulation.
Zusammengefasst sieht Urs May als Global Player den Schweizer Markt immer noch mit starken Marken und kompetenten Mitarbeitenden. Die ausgeprägte hiesige Brotkultur und der Convenience-Trend lassen ihn einen weiterhin wachsenden Markt voraussagen.
Auf einen speziellen Foodtrend ging Michael Gusko, Managing Director der Goodmills Innovation, ein. Er zeigte, dass laut Umfragen rund 78 Prozent der deutschen Bevölkerung über die ständigen Lebensmittelskandale verärgert sind. Fast fünfzig Prozent der Befragten haben Sorge, dass die enthaltenen Zusatzstoffe der Gesundheit schaden.
Gemäss diesen Erhebungen haben nur 13 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten Vertrauen in die Lebensmittelhersteller. Der Trend „Eating Clean“ ist bereits in Amerika gestartet und inzwischen in Frankreich angekommen. Dort gibt es zum Beispiel ein Siegel für Restaurants, die Speisen im Restaurant selbst herstellen und auf Convenience-Produkte verzichten.
ZHAW-Studie zum Brotkonsum von Senioren
Prof. Christine Brombach vom ZHAW-Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation in Wädenswil erläuterte die Erwartungen, Ansichten und Einstellungen von Seniorinnen und Senioren zum Brot. Rund 1,5 Millionen Menschen sind in der Schweiz über 65 Jahre alt; sie verzehren 75 Millionen Kilogramm Brot pro Jahr. Dieses Marktpotenzial lässt sich nutzen, wenn die backende Zunft versteht, wie diese Menschen bedient werden wollen.
Neuste Hirnforschungen zeigen, dass neuronale Verknüpfungen das Esserlebnis im Gehirn mit Gefühlen verbinden und abspeichern. Somit prägen sich Einstellungen, Erwartungen und Ansichten zu Brot während allen Lebensjahren fest in unserem Gehirn ein. In späteren Lebensphasen geht der Mensch wie ein Nomade auf die Suche nach diesen Geschmackserlebnissen. Als Umkehrschluss stellt sich die Frage, wie die Bäckerinnen und Bäcker schon heute die Jungen prägen wollen, damit diese später immer noch gerne Brot verzehren möchten.
95 Prozent vertragen Gluten problemlos
Über die mittlerweile grosse Vielfalt an gluteninduzierten Ernährungsproblemen berichtete Dr. Heiko Zentgraf von der GFM Vereinigung Getreide- Markt- und Ernährungsforschung GmbH. Auch wenn nur fünf Prozent der Menschen Gluten nicht vertragen, so ist es für die Betroffenen sehr wichtig, genau Bescheid zu wissen, was ihr Krankheitsbild verursacht und wie sie symptomfrei leben können.
So können zum Beispiel Betroffene mit einer Weizenallergie meist andere glutenhaltige Getreidearten wie Roggen, Gerste oder Hafer problemlos verzehren. Personen mit Zöliakie müssen jedoch auf alle Getreidearten verzichten. Schliesslich betonte Heiko Zentgraf, dass – entgegen wiederkehrender Medienberichte – für die Allgemeinbevölkerung eine glutenfreie Diät keine gesundheitlichen Vorteile bringt.
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