Interkulturfest Aargau
Von: Lelia Hunziker
Gegen 2‘000 Personen feierten in der Alten Reithalle in Aarau die Vielfalt mit Theater, Tanz, Essen und vor allem mit vielen Begegnungen. Die AIA (Anlaufstelle Integration Aargau) lud zum zweiten Interkulturfest.
Interkulturfest Aargau (Fotos: AIA)
Die Alte Reithalle in Aarau bot am 30. Juni und am 1. Juli 2017 die Kulisse für das zweite Interkulturfest. Über 70 Vereine, Organisationen und Geschäfte waren beteiligt: Anbieter von Integrationsprojekten, Migrantenorganisationen, Caterer, Geschäfte aus Aarau und Kunst- und Kulturschaffende.
Vielen Dank für unsere Geschichten
Am Freitagabend startete das Fest mit der Theaterproduktion „Hänsel und Gretel * - * Namen von der Redaktion geändert“ des Theaters Junge Marie. Im Anschluss fand ein Künstlergespräch statt. Eine aufwühlende Erfahrung sei es gewesen, als „verwöhnter“ Jugendlicher aus der Schweiz die Geschichte von jungen Geflüchteten zu erzählen, berichtet einer der jungen Schauspieler.
Dank einem Sponsoring der Vereinigung Vielfalterei waren auch vierzig Geflüchtete anwesend. Ein junger Mann aus Afghanistan sagte nach dem Stück: „Ich habe einfach ein Theater erwartet – das war aber kein Theater, das war meine Geschichte. Vielen Dank, dass ihr diese erzählt habt.“
Schreibt die Nationalhymne um
Regierungsrat Urs Hofmann eröffnete das Fest am Samstag zur Mittagszeit zusammen mit Müslüm und Lelia Hunziker, Leiterin der AIA. Urs Hofmann fragte, was denn eigentlich ein waschechter Eidgenosse sei? Denn ein Grossteil der Bevölkerung in der Schweiz habe Wurzeln ausserhalb der Schweizer Grenze. Die Migration habe unsere Gesellschaft zu dem gemacht, was sie heute sei. „Die Schweiz ohne Einwanderung wäre nicht die Schweiz, wie wir sie gern haben!“.
Und da im Kanton Aargau zur Zeit –einmal mehr – eine grosse Debatte rund um Integration und Einbürgerung geführt wird, hat Urs Hofmann dann auch gleich Müslüm auf den Zahn gefühlt. Würde er eingebürgert? Der Türke wäre wohl einigen Kommissionen in unserem Kanton zu schlagfertig gewesen. Schüchtern dürfe man nicht sein, zu frech und zu wortgewaltig auch nicht. Müslüm gab dann auch zu, dass er gar nicht eingebürgert werden wolle. „Ich bin nicht Schweizer, ich bin nicht Ausländer, ich bin Mensch!“
Auch im Eröffnungstalk mit Lelia Hunziker war Müslüm mehr Migrationsexperte als Komiker. Er brachte auf den Punkt, wo Politiker und Fachleute um den heissen Brei reden. Er rief zur Liebe und zum Menschsein auf. Gängelte die künstlichen Grenzen und fordert dazu auf, die Landeshymne umzuschreiben: „Welcher Migrant in der Schweizer Nationalmannschaft tritt schon gerne im Morgenrot daher? Dann schlafen wir doch alle noch“.
Begegnungen
Den ganzen Nachmittag lang wurde gegessen, frittiert, Haare geflochten, Kaffee getrunken, Sprachen gelernt, Früchte geschnitzt, Tänze einstudiert und Origami gefaltet. Man spielte Ping-Pong, versuchte elegant wie eine Bollywood-Tänzerin zu sein und übte die die japanische Trommel zu schlagen.
An allen Workshops und Infoständen stand die Begegnung im Zentrum, das Hauptziel des Festes. „Ich habe ein neues Hobby: Origami-Falten. Das beruhigt mich und ich will das weiter lernen“, sagte der Präsident einer Italiener-Vereinigung nach einem Kurs in der japanischen Faltkunst. Menschen haben sich kennengerlernt, neues erlebt und erfahren. Und das ungezwungen, unkompliziert, bei guter Laune und in beschwingter Atmosphäre.
Hakuna Matata - keine Sorgen
Am Abend wurde das preisgekrönte Projekt der Schule Menziken und argovia philharmonic „Hakuna Matata“ aufgeführt. Die Halle wurde nochmals gefüllt mit Gästen. Es kamen so viele, dass die Organisatoren sogar Personen abweisen mussten. Die Alte Reithalle, ein Provisorium, ist feuerpolizeilich nur für 500 Personen zugelassen. 200 Kinder waren schon im Projekt involviert, also konnte „nur“ noch weitere 300 Personen in die Halle gelassen werden.
Zum Abschluss musizierte ein Quartett des argovia philharmonic zusammen mit dem Gesangsensemble capella argovia und das Duo Sangit Saathi verzauberte die Besucherinnen und Besucher mit Blockflöte und Klavier. Für viele war dieser musikalische Abschluss das geheime Highlight des Festes. Die Akustik der Alten Reithalle kam voll und ganz zum Tragen.
Auch Party ist Begegnung. Mit der Afterparty ging ein langer, vielfältiger, bunter, begegnungsreicher Tag zu Ende. In der Bar im Stall wurde noch bis in die frühen Morgenstunden mit den DJ’s des Labels Vinyl Culture das Tanzbein geschwungen.
AIA, Anlaufstelle Integration Aargau
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