Regierungsrat Urs Hofmann lud ins „Café Cantonal“
Von: Hans Berger
Volksnähe kann dem Aargauer Regierungsrat und Leiter des Departements Volkswirtschaft und Inneres (DVI) Urs Hofmann gewiss nicht abgesprochen werden. Seit seiner Amtsübernahme am 1. April 2009 tourt er regelmässig durch den Aargau, um der Bevölkerung im fiktiven „Café Cantonal“ seine Politik, respektive jene des Regierungsrates näher zu bringen. Vergangenen Samstag wurde der Kulturkeller vom Rheinfelder Hotel-Restaurant Schützen für rund zwei Stunden zum „Café Cantonal“.
Regierungsrat Urs Hofmann im fiktiven „Café Cantonal“, respektive im realen Kulturkeller vom Rheinfelder Hotel-Restaurant Schützen
In seiner Begrüssung verglich Grossrat Peter Koller den Inhaber vom „Café Cantonal“ mit dem momentan Schlagzeilen produzierenden Marco Streller. Wie er, habe auch Hofmann schon viele Tore geschossen und seine Stellung im Team sei ebenso elementar wie jene des Fussballers. Der kommunikationsstarke Regierungsrat nahm den Ball auf und meinte sinngemäss, vielleicht auch in leiser Vorahnung des gestern erfolgten Leistungsanalyse-Debakels, dass beim Fussballspiel die Schiedsrichter mit Pfeifen und Karten in ein falsch laufendes Spiel ultimativ eingreifen können.
In der Annahme, dass die Anwesenden bereits über die Leistungsanalyse abgestimmt haben, wollte Hofmann das Gesetz nicht nochmals erörtern, kam jedoch als Volkswirtschaftsminister natürlich nicht drumherum, die Finanzlage des Kantons zu thematisieren.
Realpolitiker
Lag es daran, dass Urs Hofmann die Regierungskonkordanz nicht brechen wollte? Seine Tour d’horizon quer durch die aktuelle Aargauer Politik hätte sich jedenfalls bei einem Referenten aus dem rechten Lager wohl kaum anders angehört. „Urs Hofmann ist für uns ein grosser Glücksfall“, meinte ein bürgerlicher Grossrat, woraus wiederum geschlossen werden kann, dass Urs Hofmann als sogenannter Realpolitiker eingestuft werden kann. Wenn der Regierungsrat mit seinen Ausführungen überhaupt jemanden des rund fünfzigköpfigen Plenums vor den Kopf stiess, dann gehörten diese eher dem linken wie dem rechten politischen Lager an.
Hofmanns Sorgen-Barometer
Wie sein ganzes Kollegium sieht auch Urs Hofmann die Aargauer Finanzmisere im Einnahmeschwund und dem Ausbleiben des „Zuschusses“ von der Nationalbank. Sorge Nr. 1 für den Wirtschaftsminister ist die Diskussion um den Nationalen Finanzausgleich, wo dem Aargau als Nehmerkanton blühen könne, dass er von den neun Geberkantonen künftig nur noch 157 statt wie bis anhin 180 Millionen Franken bekommt.
Sorge Nr. 2 ist die Frankenstärke, was zu einer weiteren Minderung der Steuereinnahmen führe und Sorge Nr. 3 die aus der Annahme der Masseneinwanderung-Initiative resultierenden Konsequenzen. In diesem Zusammenhang ist der Fachkräftemangel seine Sorge Nr. 4. Somit wäre der Wirtschaftsminister auf gleichem Niveau wie damals Peter Alexander, als er 1959 seine täglichen Sorgen singend publik machte.
Hofmann hat allerdings das Pech, dass sein Sorgenlied noch mehrere Strophen hat, in denen die Metall- und Maschinenindustrie, die Arbeitsvermittlung der Ü50, die digitale Revolution, die Raumplanung und damit verbunden der Dichtungsstress und der öV, der Aargauer Finanzausgleich - um nur einige der weiteren Sorgen des Wirtschaftsminister zu erwähnen - vorkommen.
Schatten
Ja, der gegenwärtige Landammann hat’s bestimmt nicht leicht. Wurde vor vier Jähren seine Amtszeit als Regierungschef von der Fukushima-Katastrophe überschattet, so ist es heuer die Finanzkrise des Kantons und das Jammern über die Frankenstärke. Das Paradoxe an letzterem jedoch ist, dass er als Regierungsrat etwas geradebiegen muss, dessen Fundament ihm als SP-Mann kaum entsprechen kann und von seinen Parteigenossinnen und –genossen zumindest als revisionsbedürftig eingestuft wird.
Fazit
In seiner Tour d’horizon verzichtet Urs Hofmann auf jegliche Art von Polemik und gab sich gegenüber seinem Kollegium hundertprozentig loyal. Auch liess er im Plenum keinen Zweifel über seine Kompetenzen und Dossierkenntnisse aufkommen. Mit seiner geschmeidigen, lockeren, eleganten und stilvollen Rhetorik vermochte der Landammann die Versammlung im Kulturkeller vom Rheinfelder Hotel-Restaurant Schützen zu fesseln. Das Tüpfchen auf dem i wäre allerdings gewesen, wenn Urs Hofmann nebst über die allgemein bekannten regierungsrätlichen Richtlinien und Sorgen auch über seine persönlichen Visionen gesprochen hätte.
«Fürs Fricktal – fricktal24.ch – die Internet-Zeitung»