Bronzezeitliche Grossgrabung in Gränichen abgeschlossen
Von: mm/f24.ch
An der Lochgasse in Gränichen sollen zehn Mehrfamilienhäuser entstehen. Dass diese sprichwörtlich auf eine bedeutende Vergangenheit gebaut werden, zeigte eine vorgängige Grossgrabung der Kantonsarchäologie Aargau. Die nun abgeschlossene Ausgrabung brachte Befunde und Funde aus einer kaum bekannten Epoche zum Vorschein, die in ihrer Grösse schweizweit einzigartig sind – mit einem eindrücklichen Befund zum Schluss der Untersuchung: einer Grube mit rituellem Hintergrund.
Die Ausgrabung Gränichen-Lochgasse umfasst ein Areal von 10'000 Quadratmetern. Deshalb lässt sich beinahe die gesamte bronzezeitliche Siedlung erfassen. (Foto: Kantonsarchäologie Aargau, Béla Polyvás)
Nach insgesamt zehn Grabungsmonaten hat die Kantonsarchäologie Ende Oktober die Grossgrabung in Gränichen termingerecht abgeschlossen. Ein eindrücklicher Befund kam ganz zum Schluss der Untersuchung zum Vorschein: eine bronzezeitliche Erdgrube mit zahlreichen Keramikgefässen, die vermutlich bei einer rituellen Handlung vergraben worden sind. Der bedeutendste Fund, so sagen sich die Archäologinnen und Archäologen augenzwinkernd, tauche immer ganz zum Schluss auf.
Am Anfang stand jedoch zuerst das Bauprojekt an der Lochgasse in Gränichen. Hier sollen 2018 zehn Mehrfamilienhäuser entstehen. Vorgängig konnte die Kantonsarchäologie 2015 und 2016 mittels Sondagen feststellen, dass auf dem gesamten Bauareal Strukturen aus der mittleren Bronzezeit vorhanden waren, also etwa aus der Zeit um 1500 vor Christus.
Damit die Kantonsarchäologie gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag die Überreste vor ihrer Zerstörung dokumentieren konnte, musste sie eine Ausgrabung durchführen. In zwei Kampagnen untersuchte und dokumentierte ein Team von durchschnittlich achtzehn Leuten die Fläche von 10'000 Quadratmetern.
Aufgrund der Grösse des Areals und der knapp bemessenen Zeit bis zum Baustart, war von Beginn an klar, dass man den grössten Teil der archäologischen Schichten mit dem Bagger ausgraben wird. Nur wo spezielle Strukturen auftauchten, legte man sie in Handarbeit frei. Um alle wichtigen Informationen festzuhalten, fotografierte und zeichnete das Grabungsteam die Befunde. So bleibt quasi ein Abbild der archäologischen Strukturen fürs Archiv und damit für künftige Forschungen erhalten.
Neues zu einer unbekannten Epoche
Zu erforschen gibt es noch Einiges, denn von der mittleren Bronzezeit, aus der die Siedlung in Gränichen stammt, ist noch wenig bekannt. Siedlungen dieser Zeit sind in der Schweiz sehr selten ausgegraben worden und bislang kaum in dieser Grösse, wie sie das Team in Gränichen dokumentieren konnte.
Wie ein bronzezeitliches Dorf genau organisiert war, ist bislang unbekannt. Hierzu wird die Ausgrabung in Gränichen und deren Auswertung wertvolle Informationen liefern. So ist auch die Grube, die ganz zum Schluss zum Vorschein kam, eine wichtige Quelle.
Die Grube wurde offensichtlich sorgfältig verfüllt. Viele zerbrochene und stark verbrannte Gefässe lagen eng ineinandergeschachtelt in der Grube, kaum Erde war dazwischen, dafür viele verbrannte Getreidekörner und Samen. Eine Seltenheit! Definitiv ist es keine gewöhnliche Abfallgrube, vielmehr muss es sich um das Resultat eines Rituals handeln.
Ist sie vielleicht der Überrest einer rituellen Mahlzeit? Der Aufwand, der damals betrieben wurde, um die Grube zu füllen, ist aussergewöhnlich. Ähnliche Befunde kennt man auch von anderen Fundstellen, im Aargau zum Beispiel vom Seckeberg bei Frick. Offenbar wurden an verschiedenen Orten ähnliche rituelle Handlungen vollzogen. Die Grube aus Gränichen wird helfen, solche Befunde in Zukunft besser zu verstehen.
Termingerechter Abschluss
Zusammen mit allen anderen Funden der Ausgrabung lagert der Inhalt der Grube nun in der Kantonsarchäologie, bis eine Auswertung möglich wird. Über 130 Kisten Fundmaterial, rund 430 Eimer mit Erdproben für botanische Untersuchungen und über 3‘000 dokumentierte Einzelbefunde versprechen einen bedeutenden Erkenntnisgewinn zur mittleren Bronzezeit im Aargau.
Dass sich nicht nur die Archäologinnen und Archäologen für die Gränicher Vergangenheit interessieren, bewiesen 1'200 Besucherinnen und Besucher, die im Laufe der zehnmonatigen Untersuchungen die Ausgrabung besichtigten. Das Areal an der Lochgasse ist nun von der Kantonsarchälogie fristgerecht für den Neubau freigegeben – einer Wohnsiedlung mit bedeutender Vergangenheit.
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